Von Brunnadern nach Strickwald Bushaltestelle
Marschzeit 3h
Strecke 7.7 km auf 611 m ab 470 m
Karte/n 1:50'000 227T
Anforderung:
Die Südostbahn verbindet den Bodensee mit der Zentralschweiz und fährt mit ihren eigenwillig bemalten, kupferfarbigen Zügen von Rorschach über Rapperswil bis nach Arth Goldau. Am östlichen Portal des Wasserfluh-Tunnels liegt Brunnadern, der Ausgangspunkt meiner Wanderung.
Quer durch das Dorf führt der Weg über den Necker und steigt dann sehr deutlich in einigen Kehren hinauf zum Oberberg. Bereits von hier geniesse ich einen wunderschönen Blick über das malerische Tal.
Nun leitet mich der Hügelkamm nach Osten weiter bergwärts zum ersten Höhepunkt, dem Wimpfel, bevor es leicht abwärts zum Gerensattel geht. Für einen Abstecher zum Gasthaus Wimpfel 60m tiefer unten, ist mein Durst zu jung. Aber meine Augen dürsten geradezu nach dem fantastischen Blick zum Säntis, der fast greifbar vor mit steht.
Von jetzt an steigt der Weg wieder zur beinahe 1200m hohen Wilkethöchi durch einen noch recht gesunden Wald mit stattlichen Fichten. An der südlich gerichteten Flanke verteilen sich die schmucken Appenzellerhöfe, und unten am Schwindelbach schmiegt sich das Dorf Dicken an den Hang. Nur die Gewerbebauten stehen am Bach, genau wie früher, als man dessen Kraft noch direkt nutzte, um die Maschinen anzutreiben.
In weitem Bogen über dem gemeinsamen Anrisstricher vieler Bäche wechsle ich gemütlich etwas unterhalb der Krete vom Bergli hinüber in den Chubelwald. Ganz gemächlich senkt sich meine Spur und verläuft unter einem lang gezogenen Felsband nach Norden - wenigstens ungefähr. Unvermittelt schwenke ich um geschätzte 300° nach rechts und erreiche nach etwa 300 Metern die Strasse von Dicken Richtung Hoffeld.
Beim Hof Chubelboden am Strassenrand verlasse ich den markierten Wanderweg, welcher hinauf zum Gägelhof zieht. Ich folge der Strasse im Tal des Wiesenwaldbachs, auf der glücklicherweise kaum Verkehr herrscht. Nach einer Viertelstunde treffe ich auf eine Bushaltestelle, die an dieser Stelle kaum jemand erwarten würde. Weit und breit ist kein Haus zu sehen, aber die Tafel mit dem Fahrplan täuscht mich nicht!
Im Herbst 1910 konnte die Eisenbahnstrecke zwischen St. Gallen und Wattwil im Toggenburg erstmals offiziell befahren werden. Beim Bahnhof Bruggen zweigt die Linie von der SBB-Trasse Richtung Zürich ab und steigt hinan nach Herisau. Von dort schlängelt sie sich über Degersheim wieder abwärts im Tal des Aachbaches nach Brunnadern am Necker. Bei Mogelsberg beschreibt sie einen fast vollkommenen Halbkreis. Den direkten Weg nach Lichtensteig im Toggenburg versperrt die Wasserfluh, ein stattlicher Hügelzug von mehr als 800 Metern Höhe. Schon die Strasse kämpft sich über mehrere Kehren über diese Klippe.
Die Bahn würde die Rampe ohne Zahnradantrieb niemals schaffen, also blieb nur die Variante unter dem Berg hindurch. Der Tunnel wurde von 1906 bis 1910 ausgebrochen. Er misst 3550 Meter und senkt sich mit einem konstanten Gefälle von 10.4 Promillen gegen Lichtensteig. Im Februar wurde mit dem Vortrieb auf beiden Seiten mit pneumatischen Stossbohrmaschinen begonnen. Den benötigten Strom bezog man aus dem Kraftwerk Kubel am Zusammenfluss der Urnäsch und der Sitter. Es war das erste Speicherkraftwerk in der Schweiz.
Mit den gewaltigen Mengen an Ausbruchmaterial, zur Hauptsache Nagelfluh und magere Mergelschichten, wurde das Gelände der Stationen Brunnadern und Lichtensteig aufgefüllt und eingeebnet.
Nach wenigen Monaten geriet das italienische Bau-Unternehmen in finanzielle Schieflage und die Arbeiter, in der Mehrzahl italienische Mineure, traten in einen Streik, weil die Saläre nicht ausbezahlt wurden. Die Bahngesellschaft BT (Bodensee - Toggenburg) übernahm die Regie und holte die eingehandelte Verspätung mit zusätzlichem Personal und besseren Installationen wieder auf. Am 2. April 1909 gelang der Durchschlag, und ein Jahr später war das Tunnelgewölbe fertig ausgemauert.
Der Bau forderte sieben Todesopfer und 25 Mineure wurden so schwer verletzt, dass sie für den Rest ihres Lebens invalid blieben.