Tanzboden

Vom Bahnhof Ebnat-Kappel folge ich den gelben Wegweisern zur Thur und dann dieser entlang vorbei an den Sportplätzen zur Brücke nach Steinen. Schon bald bin ich die asphaltierte Strasse los und quere ein fast baumloses Feld bergwärts. Vom Büchel geht’s wieder leicht hinab zum Nestenbergbach. Hier mache ich den kurzen Abstecher zum Berggasthaus Nestel, denn wie sie wissen, trage ich nicht gerne literweise Getränke mit mir herum.

Ist der Durst gestillt, marschiert es sich leichter, es geht ja noch immer aufwärts. In wilden Schlenkern erreiche ich an einsamen Häusern vorbei die Alp Ober Abschlagen. Allein dieser Name, was immer er auch bedeuten mag, lädt nicht zum Verweilen ein. Nach etwa 400 Metern treffe ich auf eine Weggabelung. Lange muss ich nicht studieren, auf dem einen Wegweiser steht Tanzboden. Also wäre es töricht, den anderen Weg zu wählen! Ausserdem stehen mir ja noch einige Höhenmeter zu!

Nach dem Hof Bueschlittli krümmt sich der Weg wieder, als ob er Bauchschmerzen hätte, aber er muss sich halt der Topografie anpassen. Jedenfalls steigt er noch immer, und das ist ein gutes Zeichen. Kurz vor dem Gasthaus Tanzboden wechsle ich in den Kanton Zürich. Also wäre zum Zmittag Zürigschnätzlets angesagt, aber ich entscheide mich anders.

Gut genährt folge ich ungefähr den Grenzsteinen und schwenke vor der Chüebodenegg nach links und steige hinab zu den Häusern im Stock. Der Weg senkt sich ruppig nach Müselen und weiter nach Bachmannsberg. Das -berg im Namen dieser Siedlung verwirrt ein bisschen, denn von dort komme ich ja her.

Aber ich staune, denn je tiefer ich absteige, desto mehr solche Weiler scheint es hier zu geben: Schwarzenberg, Zinggenberg und etwas abseits der Chirnenberg, Berggarten und Brämiberg. Kommt wohl drauf an, woher man schaut?

Vor lauter Nachdenken bin ich nun in Rieden angelangt, wo mich ein paar Meter nördlich der Kirche die Bushaltestelle empfängt.

Im Jahre 1914 wurde in Ebnat eine Aktiengesellschaft gegründet mit dem Zweck, Bürsten und Besen industriell in grosser Stückzahl herzustellen. Als stolzes Schweizer Unternehmen sollten möglichst alle Produktionsschritte hierzulande ausgeführt und dazu nur Rohstoffe aus der Schweiz verwendet werden. Später strebte die Firma die Erfüllung aller Anforderungen eines nachhaltigen Umgangs mit den Ressourcen an und erhielt für diese Bemühungen die erstrebte ISO-Zertifizierung 9001/14001. Diese beinhaltet selbstverständlich auch die ausschliesslich Verwendung von FSC-Holz.

FSC ist die Abkürzung von Forest Stewardship Council und steht für eine umweltgerechte, sozialverträgliche und wirtschaftlich tragfähige Waldwirtschaft.

Die Nähe zum Markt erlaubt es dem Unternehmen Ebnat, sich ständig zu optimieren und die Bedürfnisse ihrer Kunden in die Produktion einfliessen zu lassen. Viele der in den Bürsten „eingebauten“ Elemente sowie deren Herstellungsschritte sind weltweit patentiert und machen sie unverwechselbar.

Wer einmal Militärdienst in der Schweizerarmee geleistet hat, kennt die verschiedensten Anwendungsmöglichkeiten von speziellen Ebnat-Bürsten: von der Schuhputzbürste bis zum Fettbürsteli für das Sturmgewehr. Neben den selbst hergestellten Haushalts- und Industriebürsten vertreibt die Firma allerdings auch Produkte aus fremder Herstellung. Die Palette ist jedenfalls fast unendlich lang.

Eine ganz besondere Herausforderung stellt die Herstellung moderner Zahnbürsten dar. Der Kunde verlangt ebenso wie die Kundin eine wirksame Reinigung der Zähne bis zum Zahnfleisch, wo die berühmt-berüchtigte Plaque entsteht. Ob dies mit senkrecht stehenden Borsten oder schräg gestellten geschieht, ist weniger wichtig. Zur Zeit entstehen sogar Bürsten mit Aktivkohleborsten, die das natürliche Zahnweiss erhalten sollen. Ebenso verschwinden Verfärbungen durch Tee oder Tabak. Der neuste Schrei sind Borsten, welche dem Kunden anzeigen, wann sie ersetzt werden sollten.