Vom Iltios (Alt St. Johann) nach Starkenbach
Marschzeit 3h30min
Strecke 10.1 km auf 505 m ab 956 m
Karte/n 1:50'000 237T
Anforderung:
Im Oberen Toggenburg ist man seit Jahrzehnten für Touristen eingerichtet. Seit 1934 pendelt die Iltiosbahn zwischen Unterwasser und Iltios auf der 2005 verbreiterten Trasse unermüdlich auf und ab. Allein während der Saison 2005/2006 benutzten über 350’000 Passagiere diese Möglichkeit, ohne Anstrengung zum weit herum bekannten Restaurant und der Schwebebahn auf den Chäserrugg zu gelangen.
Letztere benötige ich nicht, weil mein Weg hinüber führt zum nahen Wald. Dort treffe ich auf das Alpsträsschen, das sich wie betrunken in vielen Kurven den Weg zum Zinggen sucht. Der Wanderweg kürzt die grösseren Schlenker ab und erreicht dasselbe Ziel dennoch. Hier steht der Zinggen-Pub für eine kleine Pause und hier startet startet die Sesselbahn zum Ruestel.
Nach wenigen hundert Metern verabschiede ich mich vom Strässchen und halte auf die Lochhütte zu. Über die weiten Matten und Weiden der Selamatt erreiche ich einen bescheidenen Weiher inmitten einer sumpfigen Mulde. Quer durch die Breitenalp steige ich gemütlich auf zu einem felsigen Rücken, wo es sich einst das Wildmannli in seiner Höhle gemütlich gemacht haben soll. Gut - unter gemütlich verstehe ich etwas Anderes. Aber das soll ja vor langer Zeit gewesen sein. Je nach Wetterlage, könnte es passieren, dass die Hose vom lehmigen Boden in der Höhle einige Flecken kriegt, von den Schuhen nicht zu reden. Aber mit einer Taschenlampe ist der Schreck draussen am Tageslicht kleiner!
Den Picknickplatz brauche ich nicht, denn ich spare mir den Hunger auf bis zur Alpwirtschaft „Wildmannli“ auf dem Strichboden. Ich liebe solche Gelegenheiten, wo ich mit wildfremden Leuten, die sich meist als gar nicht so wild heraus stellen, ins Gespräch komme. Und das angebotene Menü mundet allemal besser, als ein zerdrücktes Sandwich aus dem Rucksack.
Bei meiner ersten Wanderung musste ich zu Fuss hinab an die Thur, die Seilbahn war damals reserviert für allerhand Material und Geräte. Heute fahren die Kabinen jeweils zu den vollen, ungeraden Stunden. So kann ich den Verbleib in der Gaststube genau planen. Die Fahrt erspart locker eine Stunde Abstieg.
Am Nordhang der Churfisten liegt die Tüfelisalp mit einer tiefen, dunklen Höhle. An dieser Stelle hauste einst vor vielen Jahren ein kleines Bergvölklein. Niemand in der Familie war grösser als zwei Fuss ab Boden.
Alle verborgenen Schätze der Berge rundum lagen in seiner Gewalt, aber den vielen Hirten und anderen Bewohnern der Gegend erwiesen diese Wesen die Ehre und behandelten sie gar freundlich und gutmütig. Oft waren sie sogar bereit, das Vieh zu hüten ohne Loh dafür zu nehmen. Auch halfen sie in den Alphütten, die Ställe zu „schoren“ und die Tiere zu füttern. Gar manchmal war auch das hohe Gras schon geschnitten und zum Trocknen ausgelegt, wenn die Sennen mit ihren Sensen einher kamen, um die Arbeit zu tun.
Sie selber lebten von Wurzeln und Milch. Diese holten sie sich hie und da von einer der vielen weidenden Kühe. Vor ihrer äusserst geräumigen Höhle hatten sie Tische und Bänke ausgehauen, dort, wo heute der Picknick-Platz steht. Im Inneren der Höhle liegt ein kleiner See, eingefasst von Felsbrocken, die den Zwergen als Ruhesitze dienen sollten. Noch weiter hinten hatten sie sich auf dem trockenen Erdboden ihre Wohnungen mit den Schlafstellen hergerichtet.
Eines Tages erschien ein kleiner Trupp der seltsamen Wesen in Starkenbach, um die Hebamme zu holen. Sie sollte einem Wildweiblein bei der schweren Geburt beistehen. Als ihre Arbeit getan und gut gelungen war, erhielt die Hebamme eine Schürze voller harter Erdbrocken, die sie kaum zu schleppen imstande war. Auf dem Weg aus der Höhle heraus gab sie auf die schwere Last keine Acht und verlor den einen oder anderen Brocken. Sobald sie ans Tageslicht kam und den letzten besah, der ihr noch verblieben war, musste sie mit Schrecken erkennen, dass sie einen Goldbrocken in den Händen hielt.
Später wollte sich ein Senn für die geleisteten Dienste der Zwerge im Stall und auf der Weide dankbar erweisen, stellte ihnen ein leckeres Mal vor den Höhleneingang und legte ein paar saubere Kleider dazu. Von diesem Tage an wurden die wilden Männlein nie mehr gesehen.