Von Meiringen nach Innertkirchen
Marschzeit 3h
Strecke 4.5 km auf 313 m ab 283 m
Karte/n 1:50'000 255T
Anforderung:
Ich starte diese Wanderung am Bahnhof in Meiringen und geniesse auf dem Weg durch die Hauptstrasse des Dorfes die für einen Touristenort so typischen Schaufenster-Auslagen. Die vielen ausgestellten Meraingues zeigen, woher diese ihren Namen haben! Ausserhalb der Häuser führt mich der Wanderweg direkt zur Brücke im Sand und über die milchig trübe Aare. Parallel zur Strasse erreiche ich die Eingangspforte zur Schlucht mit Restaurant. Das Angebot im Kiosk entspricht dem gewohnten Krimskrams, der hauptsächlich den ausländischen Touristen die Erinnerung an ihren Ausflug erleichtern soll.
Die Schlucht selber ist äußerst jedoch eindrucksvoll. Vom sicheren Steg aus geht der Blick hinab zum tosenden Wasser und hinauf zum schmalen Spalt zwischen den Felswänden, durch den nur wenig Licht einfällt. Ab und zu taucht der Weg in einen Tunnel, den ein paar sparsame Glühbirnen notdürftig beleuchten. Nach knapp anderthalb Kilometern ist das Naturschauspiel zu Ende und ich trete hinaus in das gleissende Licht im "Inneren" Aartal. Deshalb heisst das nächste Dorf auch Innertkirchen.
Am Weg, der dem Flussufer folgt, findet der Wanderer gepflegte Rastplätze oder aber er spart sich den Hunger auf bis zum nahen Dorf. Dort bieten Wirtshäuser ihre Dienste an, bevor es Zeit wird, mit der Bahn den Rückweg anzutreten. Von der Schlucht sehe ich auf dieser Fahrt herzlich wenig, verläuft dich die Trasse in einem Tunnel hinter den steilen Felswänden.
Die Aare durchfliesst die Schlucht zwischen Meinigen und Innertkirchen seit der letzten Eiszeit. Dabei hat sie sich immer tiefer in den Felsriegel gefressen. Der Durchgang ist so eng, dass sich die Fliessgeschwindigkeit auf diesen 1400m auf über 12km/h erhöht. Dahinter lag vor Jahrhunderten noch ein ausgedehnter See, weshalb die Fläche zwischen Innertkirchen bis zur Schlucht topfeben ist.
Der Riegel aus Kalkfelsen ist an dieser Stelle nicht besonders hart, was die Erosion in die Tiefe - heute sind es von der oberen Krete bis in die Flusssohle immerhin 180m - erleichtert hat. Trotzdem ist sie an der engsten Stelle lediglich 1m breit, und deshalb ist die Aare an dieser Stelle auch entsprechend tief.
1888 wurde in der Schlucht ein erster Laufsteg gebaut und 20 Jahre später folgte sogar eine Abendbeleuchtung. Der heutige Weg folgt weitgehend der damals gewählten Route, aber an den schwierigsten Passagen ermöglichen kurze Umgehungstunnels eine gefahrlose Begehung.
Auf der anderen Seite des Flusses fährt die Meiringen-Innertkirchen-Bahn in einem Tunnel. An jedem Schlucht-Ende erlaubt eine Haltestelle das Zu- und Aussteigen für Gäste, die nicht gerne den Anmarsch von Meiringen unter die Füsse nehmen.
Das Wasser ist, und das sieht eben der Wanderer besonders gut, milchig weiss. Das rührt von den feinen und feinsten Schwebestoffen. Zerriebenes und ausgewaschenes Kalk-Gestein sind verantwortlich dafür, dass man diesem Wasser auch Gletschermilch sagt. Dort, wo der Fels rot-orange oder gar gelb leuchtet, sind verschiedene Mineralien eingeschlossen. Wir kennen die verschiedenen Farben auch von den Feuerwerksraketen, nur sind dort hauptsächlich hoch giftige Schwermetalle mit im Spiel.
Besonders imposant und eindrücklich ist die Begehung der Schlucht nach längeren Regengüssen, wenn also viel Wasser durch die schmale Rinne tost. Zu diesen Zeiten wird sogar die Verständigung untereinander schwierig, denn das Rauschen des Wasser übertönt schier alles.