Von Kandersteg nach Kandergrund
Marschzeit: 3 h
Strecke 8.4 km auf 775 m ab 460 m
Karte/n: 1:50'000 T253, T254 und T263
Anforderung:
Die hier vorgestellte Route ist eine verkürzte Variante des ganzen Weges, der bis nach Frutigen hinunter führt. Das ergäbe dann noch eine weitere Stunde, ist aber bahntechnisch weniger interessant. Von Kandersteg bis Kandergrund verläuft sozusagen das Herzstück dieser Linie, und der Wanderweg quert die Geleise immer wieder.
Vom Bahnhof weg führt mich der gut markierte Wanderweg zwischen Bahngeleise und Kander nach Norden zur Hauptstrasse. Um den Büel herum, wo noch die Skisprung-schanze steht, begleitet mich die Bahn, die aber bald in einem düsteren Tunnel verschwindet. Über 40 Schautafeln am Weg erzählen von der Vergangenheit dieser einmaligen Bergstrecke, von den technisch anspruchsvollen Gleisanlagen und von den vielen Kunstbauten. Dieses Stück der alten Lötschbergbahn wird heute nur noch für Regionalzüge und den Güterverkehr benutzt. Ansonsten reisen die Einheimischen mit dem Autobus von Weiler zu Weiler.
Auf meiner Wanderung sehe ich von oben den riesigen Schuttberg aus Ausbruchmaterial des Basistunnels. Dieses wurde durch einen kilometerlangen Seitenstollen heraus transportiert, um teilweise als Beton wieder hinein geführt zu werden.
Erst bei der Transport-Seilbahn, welche von Mitholz hinauf nach Giesene fährt, erblickt die Bahn wieder für ein paar Minuten das Licht der Welt. Ich folge der Trasse bis oberhalb der Ruine Felsenburg und schwenke dann unterhalb der Bahn nach Süden. Dort steht sie noch, die verlassene Bahnstation Mitholz, an der kaum ein Zug mehr anhält. Manchmal wird hier ein Güterzug zur Seite gestellt, um die Geleise frei zu halten für andere. Die Trasse verläuft hier in einem grosszügig bemessenen Bogen talwärts. Die Radien dieser Kurven bestimmt die maximale Länge der Züge, denn die Kraft der Lokomotive folgt nicht den Schienen, sondern wirkt in gerader Linie quer durch den Bogen hindurch.
Der Weg verläuft hier ein Stück weit zwischen der mittleren und der untersten Geleisestufe, welche aber bald wieder im Berg verschwindet. Langsam senkt sich der Pfad zum letzten Tunnelportal dieser Wanderung und wendet sich dann am kleinen Kirchlein von Kandergrund vorbei hinab zur Strasse.
Auf dieser 16km langen Strecke überwindet die Bahn fast 320 Höhenmeter - wir übrigens auch!
Schon seit Jahrzehnten genoss der Wanderweg entlang der Lötschberg-Bahnlinie von Hohtenn nach Ausserberg für fast alle Schweizer Lehrer als Schulreiseroute einen hohen Stellenwert. Was haben die Kinder gestaunt ob der unzähligen kunstvollen Bogenbrücken aus riesigen Natursteinen und den vielen Tunnels auf dem doch recht kurzen Streckenabschnitt. Und was war das für ein Drama, wenn man in Ausserberg den geplanten Zug für die Weiterfahrt verpasste! Vom Wort Taktfahrplan und dessen Bedeutung wusste damals noch niemand.
Viel später, und dennoch schon vor rund 20 Jahren, entstand unter der Führung der Bahngesellschaft BLS ein Bahn-Erlebnis-Weg auf der Nordseite. Diese bietet in der Geländestufe zwischen Mitholz und Kandersteg viele spektakuläre Bilder und bleibende Erlebnisse nicht nur für den angefressenen Fan.
Dank des engen Taktfahrplans begegnen dem Wanderer stündlich Züge mit verschiedensten Loks und Wagentypen. An manchen Stellen lassen sich die Geleise aller drei Stufen, zweimal süd- und einmal nordwärts überblicken. Damit gewinnt man einen Eindruck von der gewaltigen Leistung der Ingenieure welche diese Linienführung nicht nur dem bestehenden Gelände angepasst, sondern auch exakt berechnet haben. Die Steigung der Trasse hinauf zum Scheiteltunnel darf nirgends 27%o übersteigen. Deshalb musste die Trasse mit Schleifen und Kehrtunnels künstlich um etwa 6km verlängert werden. Die gesamte Nordrampe zählt neben 36 Brücken auch 13 Tunnels und 2 Schutzgalerien. Unweit der Station Kandersteg versieht eine Brücke von 1908, also aus der Zeit des Bahnbaus, noch heute ihren Dienst für den Wanderweg.
Eine Dienstbahn erschloss die verschiedenen Baustellen. Deren Züge führten Material herzu und transportierten vorallem Aushub aus den Tunnels ab. Von ihr ist leider nichts mehr zu sehen, denn die hölzernen Konstruktionen sahen aus, wie die Viadukte in den USA zur Zeit des Wilden Westens und des Goldrausches.