Von Sunnbüel (Kandersteg) zum Gemmipass (Leukerbad)
Marschzeit 3h
Strecke 8.8 km auf 224 m ab 1316 m
Karte/n 1:50'000 263T
Anforderung:
Der Gemmipass stellte bereits im Mittelalter einen wichtigen Übergang vom Berneroberland ins Wallis für Güter und Personen dar. Spektakulär ist vor allem der Weg über die nach Süden gerichtete steile Wand nach Leukerbad. Auf der Nord-Seite ist er jedoch sehr gut ausgebaut und ohne Probleme zu passieren, auf der Südseite nur wenn man schwindelfrei ist.
Ich wähle die Variante von Nord nach Süd und benötige für den Weg vom Bahnhof Kandersteg bis zur Eggeschwand 40 Minuten. Hier steht die Talstation der Seilbahn, die mich in zwei Sektionen locker auf den Sunnbüel transportiert.
Der Versuchung, gleich im Restaurant einzukehren, widerstehe ich ausnahmsweise - und ich weiss nicht einmal weshalb. Also schultere ich den Rucksack und folge dem markierten Weg Richtung Spittelmatte. Der Uschenegrat zur Rechten weist mir die Richtung wie eine massive Leitplanke.
Nach einer halben Stunde begegne ich dem „Talweg“, der direkt von der Zwischenstation Stock hier herauf führt. Dieser Punkt liegt etwas tiefer als der Sunnbüel, von Aufstieg kann also bis dahin keine Rede sein! Etwas abseits ruht am Rande eines zauberhaften Arvenwaldes das Arvenseeli. Es hat nicht immer Wasser, ist aber allemal ein Abstecher Wert.
Nach dem Überschreiten der Kantonsgrenze wird’s etwas steiler und die Sonne erwärmt nicht nur die Seele. Nach ein paar Kurven taucht jedoch das Gasthaus Schwarenbach auf, wo ich das verlorene Wasser in typischem Flair wieder auffüllen kann.
Die Kulisse rückt nun immer näher zusammen, Felshorn und Roter Totz auf der einen, Altels und Rinderhorn auf der anderen Seite sowie voraus das Daubenhorn. Den gleichnamigen See sehe ich erst, wenn ich vor ihm stehe und male in Gedanken eine mächtige Gletscherzunge in die Mulde. Fantastisch im wahrsten Sinn. Um den steileren Anstieg zu vermeiden, folge ich dem Wanderweg und nicht dem Ufer zur Passhöhe, die nicht zu verfehlen ist.
Östlich der Plattenhörner heisst eine kaum erkennbare Kerbe in der Geländekante „Alte Gemmi“. Ein markierter Bergweg führt noch durch das Furggentäli dort hinauf, endet jedoch an der Felswand. Auf der Südseite hinunter käme man nur mit Kletterausrüstung, wir Haken und Seilen.
Dennoch soll hier einst der Passübergang gelegen haben. Nach der Geschichte überquerten hier Alemannen im frühen Mittelalter den Alpenkamm und drangen bis ins Rhônetal vor. Hier haben sie sich niedergelassen und haben auch für die bis heute deutsche Sprache im Oberwallis gesorgt. Viele Ausdrücke und Betonungen können bis heute eindeutig der alemannischen Sprache zugeordnet werden.
Diese Geschichte klingt zwar sehr romantisch und heroisch, ist aber durch keine Fakten oder sichere Spuren belegt. Trotzdem muss vor unserer Zeit ein Übergang bestanden haben, und andere Möglichkeiten als an dieser Stelle gibt es kaum. Die Frage, wann und weshalb der Pass verschoben wurde, ist aber noch nie beantwortet worden.
Wer danach sucht, findet im steilen Gelände etliche Spuren und Überreste eines möglichen Weges. Ohne Hilfsmittel konnte diese Route ja nicht begangen werden. Allerdings haben Felsabbrüche und Erosion sicher auch Vieles zerstört, was einen Beweis liefern würde.
Sicher gilt, dass ein eine schwierig bezwingbare Route hinunter in die Clabinualp geführt hat, denn kurz vor dem Fuss der Wand kann noch eine von Menschen erstellte Stützmauer nachgewiesen werden.
Der heutige Weg hat mit diesem historischen Übergang nichts mehr gemein. Er ist sehr gut den topografischen Gegebenheiten angepasst und ebenso gut ausgebaut. Durch unendlich viele Kehren ist er gar 2km länger als die Seilbahn, dafür weniger steil, nämlich nur 23% gegenüber 51% der Bahn. Vielleicht deshalb ist allerdings ratsam, auf angefressene Biker zu achten, damit nicht beide zu Tode stürzen, denn Geländer gibt es hier nicht. Die entgegen kommenden sind weniger gefährlich!
Ich habe die Fahrt mit der Seilbahn vorgezogen, ich wollte der Arthrose keinen Triumph gönnen.