Vom Betelberg (Lenk) zur Lenk
Marschzeit 4h30min
Strecke 12.9 km auf 650 m ab 1004 m
Karte/n 1:50'000 263T
Anforderung:
Vor ungefähr 50 Jahren marschierten die Lenker nach Bern, um gegen eine Autobahn zu demonstrieren, welche das Schweizerische Mittelland mit dem Wallis verbinden sollte. Die Idee war, den Alpenkamm im Gebiet des Rawilpasses zu unterfahren. Schon bei den Probebohrungen traten unerwartete geologische Schwierigkeiten auf, und das Volk im oberen Simmental fürchtete um seine Heimat. Also wurde das Projekt fallen gelassen.
Ich fahre von der Lenk mit der Seilbahn in zwei Sektionen hinauf auf den Betelberg, wo ich beim gewohnten Startkaffee die prächtige Felskulisse bestaune. Den Rawilpass kann man von hier nicht ausmachen, weil das Mittagshore davor steht.
Am Leiterli vorbei führt mich der gut angelegte Weg zum Stoos und dann mehr oder weniger auf der Krete zur Gabelung vor dem Stübleni. Ich wähle den Weg links und erreiche in weitem Bogen den Stüblenipass, wo ein e Spur abzweigt gegen Lauenen. Die nehme ich nicht, sondern die ganz sachte steigend parallel zum Blattigrat nach Süden.
Beim Tungelpass stehe ich vor einem scheinbar unüberwindlichen Felsriegel, aber die Wegspur führt genau dort hinauf. Nach ein paar stotzigen und schmalen Passagen wird’s gleich wieder gemütlicher und ich nähere mich im Zickzack immer mehr dem höchsten Punkt der Route an der Flanke des Stigelschafberges.
Dort eröffnet sich mir eine völlig neue Welt. Tief unter mir liegt der blanke Iffigsee zwischen iffighore und Schnidehorn. Einen sichtbaren Ablauf suche ich vergebens - aber ich halte mich nicht lange damit auf, denn wenige hundert Meter tiefer entspringt der Iffigbach aus dem Geröll. Er begleitet mich zur Iffigalp. Der Weg ist inzwischen zum Strässchen geworden, was ich dem Wirtshauspersonal von Herzen gönne.
Ab hier könnte ich nach einer ausgiebigen Pause den Bus zur Lenk benützen, aber ich möchte noch dem spektakulären Wasserfall einen Besuch abstatten. Gut gibt es auch dort eine Haltestelle.
Für die letzte Etappe wechselt der Weg auf gelb und bringt mich recht stotzig hinunter zu Brünigstrasse und dieser entlang zur Bahnstation und einigen Gaststätten.
Zwischen den Sieben Brünne und der Iffigalp liegt die Langermatte. Genau hier soll sich nach der Sage während der Glaubenskriege eine denkwürdige Auseinandersetzung zwischen den Wallisern und den Bernern abgespielt haben.
Die wehrfähigen Männer aus der Lenk waren talwärts gezogen in den Krieg. Das schien den Wallisern günstig für einen Handstreich, bei dem sie wohl keine Gegenwehr zu befürchten hatten. Über den Wallispass (Rawil) stiegen sie hinüber in die Lenk und raubten diesen auf der Langermatte das Vieh von der Weide.
Die entführten Tiere liessen sie auf der südlichen Seite des Berges in aller Ruhe grasen, während sie dem Fendant zusprachen. Da schlichen sich die Lenker Buben unter der Führung des Gamsjägers Siegfried, der noch im Dorf zurück geblieben war, über den Pass und fanden ihre Herde friedlich wiederkäuend auf der Wiese.
Sachte lösten sie den Tieren die Glocken und Treicheln vom Hals und läuteten selber damit, bis ihre Kameraden die Kühe wieder über die Passhöhe getrieben hatten. Dann warf Siegfried mit voller Wucht eine grosse Treichel durch das Fenster der Alphütte, in der die Walliser zechten.
Nachdem sich bei denen der gröbste Schreck gelegt hatte, schwärmten sie aus, um die Tiere zu suchen, aber das Vieh war längst wieder zu Hause. Sobald ihre schweren und berauschten Köpfe es zuliessen, machten sie sich auf, um die Schande zu tilgen.
Inzwischen hatten sich jedoch die Weiber aus der Lenk mit Sensen und Heugabeln bewaffnet auf der Langermatte versammelt und griffen die heranziehenden Walliser beherzt an. Mit diesem Widerstand hatten diese nicht gerechnet und ergriffen schleunigst die Flucht. Im Wallis wurden sie mit Häme eingedeckt, und in der Lenk herrschte grosse Freude über den unerwarteten Sieg.
Als die Männer zurück kehrten, hatten sie die Kunde bereits vernommen und staunten nicht schlecht über die Wehrhaftigkeit ihrer Wyber. Der Ort, wo die Gefallenen begraben sein sollen, heisst noch heute „Bi de Toete“.