Von Meiringen zur Schwarzwaldalp
Marschzeit 3h30min
Strecke 8.8 km auf 857 m ab 248 m
Karte/n 1:50'000 254T
Anforderung:
Die Wanderung dem Rychenbach entlang zur Rosenlauischlucht ist eher einfach und leicht zu bewältigen, ausgenommen vielleicht dem kurzen Abstecher zur eigentlich Gletscherschlucht. Das Fahrsträsschen, das meist parallel zu unserem Weg verläuft, bildete auch schon einen Bestandteil der Tour-de-Suisse-Strecke von Meiringen zur Grossen Scheidegg und weiter nach Grindelwald.
Vom Bahnhof Meiringen aus durchqueren wir den bekannten Touristenort in östlicher Richtung und schwenken dann nach rechts zum grossen Verkehrskreisel jenseits der Aare. Etwas abseits erwartet uns die Talstation der Seilbahn zum Rychenbachfall. Mit dieser bewältigen wir die ersten Höhenmeter und geniessen anschliessend das gewaltige Schauspiel des tosendes Wassers, in welchem einst Sherlock Holmes und sein Widersacher ums Leben gekommen sein sollen.
Unmittelbar bei Restaurant Zwirgi, wo es feine Nussgipfel gibt, zweigt der Fussweg vom Strässchen ab, und steigt geradewegs in die Höhe, derweil die Fahrzeuge einige Schlenker in Kauf nehmen müssen. Bald treffen wir das Strässchen wieder und werden es nun fortan kaum mehr länger als ein paar Minuten aus den Augen verlieren. Selbst dann nicht, wenn wir uns auf der anderen Seite des Baches aufwärts bemühen.
Der Weg ist so gut, dass wir uns locker ab und zu umsehen können, denn die Kulisse, die uns hier begleitet, ist ein Ereignis für sich. Zu unserer Linken erheben sich majestätische Gipfel. Einige davon tragen sogar Namen, die man sich merken kann: Grosses Engelhorn oder das Wellhorn, das allerdings mit Wellness nicht viel zu tun haben dürfte. Der wohl dominierende Koloss ist jedoch das Wetterhorn, das uns hoffentlich gut gesinnt ist!
Bei den Häusern von Rosenlaui, wozu auch ein Gasthaus zählt, führt ein Bergweg hinein in die Rosenlauaischlucht mit einem imposanten Wasserfall. Wenn wir schon mal hier sind, sollten wir uns diesen Abstecher nicht ersparen!
Wieder zurück beim Strässchen und nach einer wohl verdienten Stärkung im Restaurant nehmen wir noch das letzte Wegstück in Angriff. Es führt uns hinauf zur Schwarzwaldalp, auf welcher der grosse Parkplatz den saftigen Weiden den Rang abzulaufen versucht. Hier besteigen wir den Postbus und fahren weiter zur Grossen Scheidegg.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts entdeckt der einheimische Forstarbeiter im Rosenlaui eine Quelle mit heilendem Wasser. Er erwirbt darauf die Alp und zimmert eine einfache Behausung mit noch einfacherer Einrichtung sowie einen Badeschopf und bietet gegen Entgelt Badekuren an.
Später, im 19. Jahrhundert, findet man den Namen Rosenlaui bereits in literarischen Werken, welche sich vor allem an Reisende wandte - und noch immer wenden. Das Bad erlebt eine wahre Blütezeit, geniesst einen guten Ruf und erntet regen Zuspruch. Dennoch wächst der Restaurationsbetrieb schneller als der Badebetrieb, der durch einen Erdrutsch ein relativ schnelles Ende findet.
Im Jahre 1901 entschliesst sich ein innovativer Hotelier aus Meiringen, Kaspar Brog, mit dem Kauf des gesamten Rosenlaui-Areals den oberen Teil der Schlucht für Touristen zugänglich zu machen. Anfänglich war der Abstieg zum Wasser zu lediglich über eine Holztreppe möglich, um einen Blick in das Innenleben der Schlucht zu erhaschen und einen Eindruck von der Gewalt des Schmelzwassers zu gewinnen. Das Unterfangen, einen soliden Weg in die Schlucht zu bauen, erwies sich als härtere Nuss als gedacht. Der Weg musste grösstenteils aus dem harten Fels heraus gesprengt werden, weshalb die Bauarbeiten über ein Jahr beanspruchten.
Am 6. Juni 1903 erlebte die Rosenlauischlucht ihren ersten Besucherandrang: 38 Personen besuchten das Naturschauspiel gegen ein Eintrittsgeld von 1.-Fr. Heute besuchen jährlich etwa 20‘000 Personen die Schlucht, aber seit 1930 ist der ausgebaute Weg fast doppelt so lang wie am Anfang. Kaspar Brogs Nachkommen liessen ihn ausbauen und seither immer wieder so sanft wie möglich renovieren und unterhalten. Schliesslich gilt es, die immer wieder verschärften Sicherheits-Bestimmungen einzuhalten. Die zwei längeren Tunnels erhielten deshalb auch eine Beleuchtung, die mit Solarstrom betrieben wird.
Die Siedlung Rosenlaui gilt heute als kleinste Ortschaft der Schweiz. Mit dem historisch wertvollen Hotelbau an die vergangenen Zeiten, als der Tourismus in der Schweiz Fuss fasste und viele Hotelpaläste im Jugendstil entstanden.