Vom Jaunpass nach Zweisimmen
Marschzeit 2h30min
Strecke 7.9 km auf 239 m ab 805 m
Karte/n 1:50'000 253T
Anforderung:
Die wohl kürzeste Verbindung des Berner Oberlandes ins Greyerzerland führt über den gut ausgebauten Jaunpass. Er verlässt in Reidenbach des Simmental und schlängelt sich hinauf bis auf 1500müM.
Dort verlasse ich das Postauto und mache mich auf die Socken, besser auf die Wanderschuhe, denn der Weg verläuft alles andere als eben. Nach etwa 300m schwenke ich von der Passstrasse ab, durchquere das Chilmoos und steige über die Ostflanke des Ruersgraben hinab. Die Gegend ist sehr dünn besiedelt, die Höfe stehen weit auseinander.
Bald treffe ich auf ein Strässchen, das dem Pöstler die Arbeit auf seiner langen Tour von Briefkasten zu Briefkasten sehr erleichtern dürfte. Ich folge ihm - dem Strässchen - bis zum Hof Ramisbächli und benutze dann den schmalen Pfad entlang eines Bächleins, von dem ich mich jedoch auch bald wieder verabschiede.
Unten im Wald überquere ich den munter rauschenden Ruersgrabe und erklimme dann auf der gegenüber liegenden Grabenseite in engem Zickzack die Zimmerböde auf dem langgezogenen Hügelrücken. Von hier aus muss ich feststellen, dass mir jenseits eines weiteren Bächleins noch ein Kamm bevorsteht. Er trägt den seltsamen Namen Heimchueweid. Ob diese Weide zu einem Heim für verstossene Kühe gehört, so einer Art Einrichtung der KUSB - Kuhschutzbehörde?
Von den hier angebotenen Wegen, einem ins Sparemoos, einem über die Holaasflue und einem dritten in den Vorderwald, wähle ich den letzten. Er führt mich in fast südlicher Richtung schräg den Hang hinunter und spaltet sich dann auf. So habe ich die Qual der Wahl, denn alle Äste zielen nach Zweisimmen. Allerdings ist der über Obegg ziemlich viel länger als die anderen beiden. Aber schliesslich gelange ich so oder so zum Bahnhof, wenn ich mich nicht allzu dusslig anstelle.
Bevor ich den Zug besteige, suche ich mir jedoch noch ein schönes Plätzchen in einem Restaurant, um mich anständig zu verpflegen und den Durst zu stillen.
Im für Ostschweizer und -innen nur schwer verständlichen, alemannischen Dialekt der Region heisst der Ort Zwüüsimmä. Das stattliche Dorf am Eingang der Lenk auf knapp 1000müM. zählt etwa 3000 Einwohner und ist verkehrstechnisch ausserordentlich gut erschlossen. Es verfügt sogar über einen Flugplatz!
Im Bahnhof verabschiedet sich die schmalspurige Golden Pass Line Richtung Montreux. Damit die Reise von Interlaken zum Genfersee ohne Umsteigen möglich ist, werden die goldenen Wagen hier automatisch umgespurt. Auch die Linie nach Lenk wird nicht von der SBB betrieben.
Um 850 n.Chr. begann die Besiedelung des Gebiets in und um Zweisimmen zusammen mit den Höfen Grubenwald und Betelried. Das Schloss Blankenburg erscheint erstmals 1325 in einer Urkunde. Die Erschliessung mit der Simmentalstrasse von Spiez geht zurück auf die Jahre 1816 bis 1821. Sie verfügte natürlich lediglich über einen Kiesbelag und wurde erst später nach Westen weitergeführt. Die durchgehende Asphaltierung erfolgte in den 30iger Jahren des folgenden Jahrhunderts.
Ein verheerendes Feuer vernichtete am Samichlaustag 1828 die Hälfte aller Häuser, die damals zur Hauptsache aus Holz gebaut waren. In der Mitte des 19. Jrhds. bekam Zweisimmen ein Telegrafenbüro, das etwa wie jene in den bekannten Wildwestfilmen ausgerüstet war, und zur Jahrhundertwende hielt auch der elektrische Strom Einzug.
Die Eisenbahnverbindung über den Col de Jaman nach Montreux entstand zwischen 1902 und 1905. Dies ermöglichte die Entwicklung des Tourismus im Saanenland, Gstaad, Château-d’Oex, Les Avants und dem oberen Léman.
Zweisimmen startete mit einer Schlittenseilbahn für Wintersportler. Anstelle eines Bahnwagens oder einer Gondel wurden zwei grosse Schlitten mit je 50 Plätzen an einem niedrig gespannten Seil alternierend auf dem Schnee bergwärts gezogen. Die erste Luftseilbahn auf den Rinderberg stammt aus dem Jahr 1957 und war damals die längste ihrer Art in Europa.