Von Kiental nach Griesalp
Marschzeit 2h30min
Strecke 6.9 km auf 568 m ab 105 m
Karte/n 1:50'000 254T / 264T
Anforderung:
Das Kiental mündet als eines der letzten Seitentäler in das Kandertal, bevor sich die Kander in den Thunersee ergiesst. Offensichtlich bringen diese Wasser recht viel Geschiebe mit sich, denn bei der Mündung wird dieses Kies in grossem Umfang für das Baugewerbe geborgen und aufbereitet.
Am südlichen Dorfende von Kiental, gute 15 Postautominuten von Reichenbach entfernt, halte ich mich an die östliche, also rechte, Talseite und wandere durch die Pochte. Nach einem guten Kilometer gelange ich an den wild rauschenden Spiggebach, den ich auf einer soliden Brücke sicher überquere, auch wenn das letzte Hochwasser links und rechts deutliche Spuren hinterlassen hat. Gleich dahinter schwenke ich nach rechts und wechsle an den Häusern Losplatte vorbei die Talseite. Der Bachlauf der Gornerewasser führt mich geradewegs zum Tschingelsee.
Das Mittagessen aus dem Rucksack geniesse ich im lockeren Wald beim Ausfluss des Tschingelsees. Wer sich die Füsse erfrischen will, kann das ohne weiteres tun, die Sandbänke sind jedoch tückisch. Wer zu tief einsinkt hat Mühe, die Beine wieder heraus zu ziehen. Wer lediglich die Seele baumeln lassen möchte, ist im Schatten der Bäume gut bedient. Der See liegt idyllisch in einem Talkessel, fast rund herum umgeben von steilen Felsklüften und das Rauschen der Wasserfälle wirkt absolut nicht beunruhigend.
Auf und neben dem Fahrsträsschen ziehe ich nach der ausgedehnten Pause weiter taleinwärts und erreiche den Ausgang der Griesschlucht. In zahllosen Kehren schlängelt sich der Weg dem Wasser entgegen, und die schäumende Gischt, die sich in mehreren Stufen den Fels herunter stürzt, lässt mich immer wieder inne halten und staunen. Schliesslich treffe ich wieder auf die Fahrstrasse mit sagenhaften 28% Steigung, auf der ich die Griesalp erreiche. Hier warte ich auf das Postauto, mit dem ich meinen ganzen Weg zurück fahren bis nach Reichenbach.
Im Jahre 1972 gingen im hinteren Keintal schwere Unwetter nieder und lösten an den steilen Talhängen etliche Murgänge aus. Das herunter stürzende Geröll und Geschiebe bildeten bei der Alp Tschingel einen Schuttkegel, welcher den Lauf des wilden Baches staute. Dadurch breitete sich dahinter ein beachtlicher See aus, der bis zu den steilen Felsabbrüchen bei den Wasserfällen reichte. Das fortwährend angeschwemmte Geschiebe, welches das Wasser von der höher gelegenen Griesalp und den dahinter liegenden Bergketten herunterspülte, verdrängte das Wasser im See zusehends, und weil dieser nicht sehr tief war, entstanden schon bald die ersten Inseln aus feinem Sand. Schon kurze Zeit später siedelten sich auf diesen die ersten Pflanzen an und heute stehen dort etliche Bäume.
Inzwischen sind die Inselchen zusammen gewachsen und lassen dem Wasser nur noch ein paar wenige Priel ähnliche Durchflüsse. Von einem See kann man kaum noch sprechen, ist es doch nicht mehr möglich, auch nur wenige Züge zu schwimmen. Es wird nur noch wenige Jahre dauern, dann existiert der Tschingelsee bloss noch auf älteren Landkarten.
Woher der feine Schlamm stammt, wird gut sichtbar bei einem Besuch der spektakulären Wasserfälle. Die Pflanzen, die Wege, der Fels und die Steine, kurz alles rund um die Wasserläufe, ist weiss überzogen von einer feinen Staubschicht. Diese hat das Wasser beim Verdunsten zurück gelassen. Es ist allerdings erstaunlich, welche Mengen fein zerriebener Fels in diesem Wasser mit geschwemmt wird, dass es reicht, eine derart grosse Mulde in wenigen Jahren aufzufüllen.
Heute ist die letzte Pfütze des Seeleins verschwunden, also sind auch kaum mehr Schlammbäder möglich!