Von La Punt-Chamues-ch nach Ospiz d'Alvra
Marschzeit 3h
Strecke 7.8 km auf 712 m ab 98 m
Karte/n 1:50'000 258T
Anforderung:
Der Ausgangspunkt dieser fast gemütlichen Wanderung inmitten der Bergwelt heisst La Punt-Chamues-ch. Für einen Ostschweizer aus der Region Bodensee ist dieses Wortgebilde kaum auszusprechen. Genau genommen ist es eine Beschreibung des Ortes: Brücke der Chamuera. Genau an dieser Stelle münden nämlich auf fast 1700 müM sowohl die Albula als auch die Ova Chamuera in den Inn.
Gleich bei der Haltestelle der Rhätischen Bahn zwei die Albulastrasse von der Talstrasse ab und windet sich in etlichen spitzen Kehren bergwärts. Bei der ersten Kurve zweigt mein Weg ab und folgt dem steilen Bachlauf. Auch der Bergweg kommt nicht ohne Schlenker aus, um Höhe zu gewinnen und trifft dann nochmals kurz auf die Strasse, bevor er sich auf die andere Flussseite zurückzieht.
Auf kleiner Fläche findet man hier drei Alpen. Seltsamerweise steht ausgerechnet von der Alp Nova nur noch eine Ruine. Dabei müsste sie ja die jüngste sein!
Quer durch die kräuterreichen Alpweiden zieht der Weg seine Spur Richtung Westen, begleitet vom Lärm der Strasse. Obwohl sie nur als Strasse zweiter Klasse gilt, herrscht doch reger Verkehr. Vor allem zieht sie offensichtlich viele Zweiradfahrer an, von denen die Räder ohne Motor wesentlich weniger den Alpfrieden stören.
Wahrscheinlich ist auch die ganz besondere Landschaft, welche diesen Pass umgibt, nicht ganz unschuldig an diesem Umstand. Die felsigen Gipfel zu beiden Seiten des Tales üben einen eigenartigen Reiz aus. Es sind Bergspitzen mit Namen, die man kaum je gehört hat: Crasta Mora, Piz Mez der Piz Üertsch.
Bei der Punt Granda wechselt auch die Strasse auf „meine“ Seite, aber nach etwa 500 Metern führt mich eine Spur wieder vom Asphalt weg und auf die Südseite des Albulasees. Bei gutem Wetter spiegelt sich die ganze Kulisse im kräuselnden Wasser. Ich könnte stundenlang zusehen, wie die weissen Wolken vorbeiziehen.
Schliesslich erreiche ich das Ospiz, ein einladendes Gasthaus. Hier geniesse ich eine verdiente Verpflegung, bevor das Postauto kommt.
Zwar steht auf der Tafel vor dem Gasthaus Ospiz 2315 m.ü.M., aber mit der Neuberechnung des Bezugspunktes im Genfersee gingen dem Pass 3 Meter verloren.
Die Albulastrasse führt von Tiefencastel nach La Punt-Chamues-ch und misst 40km. Damit verbindet er das Albulatal mit dem Engadin und überschreitet die Europäische Wasserscheide zwischen Mittelmeer und Atlantik. Allerdings wird sie in den Wintermonaten nicht mehr frei gehalten seit die Eisenbahnstrecke die Verbindung zur Alpensüdseite garantiert. Aus diesem Grund ist es möglich, die sechs Kilometer von Preda hinunter nach Bergün im Winter zu einer äusserst beliebten Schlittelbahn umzubauen. Deren Höhendifferenz beträgt 400 Meter, und den Shuttlebetrieb übernimmt die Rhätische Bahn.
Die heutige Passstrasse folgt ungefähr der Linie des alten Säumerpfades, macht jedoch an steilen Stellen ein paar Kehren mehr als dieser. Die Säumerei war bis ins 19. Jahrhundert hinein ein wichtiger Wirtschaftszweig in diesen Tälern. Mit dem Aufkommen des Automobils wurde der Ruf nach einer Strasse immer lauter. Der Albula dient lange Zeit als Ausweichroute, wenn die Wege und Strassen über den Julier und den Septimer benutzt werden konnten.
Beim Bau der Passstrasse gab es viele Probleme, vorallem topografische, zu lösen. Zu steil waren die Geländestufen bei Bergün und bei La Punt. Sie mussten mit vielen Schleifen und Kehren überwunden werden. Beim Bergünerstein, einer senkrechten Felswand wurde Platz für die Strasse aus dem Stein gesprengt.
Während des Zweiten Weltkrieges waren strategisch wichtige Stellen wie diese zur Sprengung vorgesehen und -bereitet. Eine Passage wäre dann nicht mehr möglich gewesen.
Anfänglich liess sich mit der Säumerei auch auf der Strasse gutes Geld verdienen. Zollabgaben (heute Maut genannt) und Löhne brachten einen gewissen Wohlstand in die Dörfer. 1904 machte die Albulabahn diese Idylle zunichte, indem sie den Transport der Güter einfacher und billiger abwickeln konnte.