Von Flims nach Trin Mulin
Marschzeit 2h30min
Strecke 10.6 km auf 172 m ab 436 m
Karte/n 1:50'000 247T
Anforderung:
Die Aussichtsplattform 400 Meter über dem wild rauschenden Vorderrhein schwebt scheinbar schwerelos in der Luft fast wie ein Mauersegler (Spir), der nur zur Brutzeit festen Boden betritt.
Ich verlasse das Postauto in der Nähe der Seilbahn-Talstation mit den grossen Parkhäusern und ziehe auf der alten Hauptstrasse Richtung Flims-Waldhaus. Um die grossen Hotels versammeln sich heute ungezählte Ferienhäuser, aber der Weg hinab zum Caumasee ist gut ausgeschildert.
Nach der Überquerung des Conn-Bächlis ist es nicht mehr weit bis zum idyllisch gelegenen Seelein mit der Insel mittendrin. Im kristallklaren Wasser spiegelt sich die ganze Umgebung mit Wald und Fels. Wer jetzt schon an Durst leidet, füllt seine Reserven im Restaurant Caumasee, oder erfrischt sich mit einem kurzen Bad im äusserst kühlen Wasser des Sees.
Nach etwa 500 Metern begegne ich wieder dem Bächlein, das mich nach Conn in einer stattlichen Waldlichtung begleitet, wo wieder eine Wirtschaft steht! Dann zweige ich ab zur Aussichtsplattform. Zugegeben, es braucht etwas Überwindung, die scheinbar fragile Kanzel zu betreten, aber der atemberaubende Blick in die sagenhafte Schlucht ist Lohn genug.
Mit etlichen spektakulären Fotos auf der Speicherkarte ziehe ich in allgemein nördlicher Richtung mit vielen Schlenkern durch den ausgedehnten Wald Uaul Grond und den Uaul Zuppau weiter zum Crestasee. Dies ist ein ebenso mystisches Gewässer wie sein grösserer Bruder. Wenige Meter von seinem nördlichen Ufer entfernt lädt mich das Gasthaus zu einem feinen Zmittag ein.
Die letzten 20 Minuten sind rasch erzählt: Das ausgebaute Strässchen führt mich ohne Umschweife über die Ebene Nigluz nach Trin-Mulin. Zur Bushaltestelle kurz vor dem Tunneleingang oben an der Oberalpstrasse nehme ich den Weg nach der Brücke über die Turnigla.
Der Spir ist ein Vogel, der zwar sehr ähnlich ausschaut wie eine Schwalbe, mit dieser jedoch nicht näher verwandt ist. Er gehört zur Familie der Segler und verbringt ausserhalb der Brut praktisch die ganze Zeit ohne Unterbrechung in der Luft. In Mitteleuropa taucht er lediglich auf, um seine Jungen gross zu ziehen und entschwindet anschliessend mit diesen wieder in sein Winterquartier in Afrika auf der Südseite der Erde.
Die spezielle Körperform des Spirs ermöglicht ihm Fluggeschwindigkeiten von über 200km/h. Bei anderen Vogelarten dieser Grösse würden bei solchen Tempi die Flügel abbrechen.
Die kühne Stahlkonstruktion der Aussichtsplattform bei Conn über der Rheinschlucht erhielt diesen Namen, weil sie scheinbar gewichtslos über dem 400m tiefen Abgrund schwebt. Die Churer Architektin Corinna Menn entwarf das filigrane Gestell im Auftrag der Gemeinde Flims. Es ermöglicht dem Besucher einen wahrhaft atemberaubenden Blick um 180° über die Ruinaulta, den Swiss Grand Canyon, wie der tiefe und elegant gewundene Taleinschnitt auch genannt wird.
Der einzige Pfeiler der scheinbar schwebenden Plattform ist an zwei Stellen verankert und wird gehalten von einem kräftigen Zugseil. Diese Konstruktion ermöglichte es, die dreieckige „Bühne“ in der Form eines Spirs über den Abgrund ragen zu lassen. Den meisten Besuchern und Besucherinnen vermittelt dies ein seltsames Kribbeln in den Gliedern, aber eben - und dies nicht zuletzt! - auch einen fantastischen Ausblick.
Im Jahre 2005 entschied sich eine Fachjury aus Architekten und Stahlbau-Ingenieuren dafür, den Spir für den Europäischen Stahlbaupreis zu nominieren. Es zeigte sich, dass es derart kühne Konstruktionen durchaus verdient haben, an einem internationalen Wettbewerb für herausragende Bauwerke mitzumachen. Von den 22 eingereichten Projekten gelangten vier zu einem der begehrten Preise und vier weitere, darunter auch der Spir bei Flims, wurden mit einer Anerkennung belohnt.