Von Muottas Muragl nach Punt Muragl
Marschzeit 2h30min
Strecke 7.6 km auf 50 m ab 768 m
Karte/n 1:50'000 268T
Anforderung:
Der Muottas Muragl ist einer der bekanntesten Gipfel rund um den mondänen Ferienort St. Moritz. Fast ebenso bekannt ist die Chamanna Segantini hoch über Pontresina, also nicht weit vom Muragl entfernt. Ich will jedoch auf die andere Seite und wende mich nach der beschaulichen Fahrt in der Seilbahn und dem berauschenden Blick in die alpine Ferne nach Norden.
Der Weg trägt die SchweizMobil-Nummer 25 und senkt sich erst recht gemütlich, dann ordentlich steiler dem ausgefransten Waldrand zu. Immer kürzer werden die Kehren vom Muot Niculin hinab zur Alp Chauntaluf, welche ganz einsam in einer Waldlichtung an der Hügelkante auf fst 2000müM klebt.
Noch ein kurzes Zickzackstück bis zur Brücke über die Ova da Val Champagna, wo ich nach links schwenke, ohne den Bach zu überqueren, zum Campingplatz am Ufer des Flaz. Jenseits des künstlich angelegten Flussbetts macht sich der Flugplatz Samedan breit, für den der Fluss Platz machen musste. Er dient vorallem denen, die sich für wichtig halten und in San Murezzan Ferien verbringen wollen. Das ehemalige Mündungsbiet, wo heute der Golfplatz liegt, war zu häufig Grund für Überschwemmungen.
Nach der Brücke zieht sich mein Weg dem linken Flazufer entlang. Nichts verrät, dass dessen Bett hier von Menschenhand geschaffen wurde, es sieht äusserst naturnah aus! Die Anlagen des Flugplatzes stören zwar dieses Bild, aber der Betrieb hält sich heute in engen Grenzen.
So habe ich Zeit und Ruhe, den Spaziergang am Rande der Ebene zu geniessen, und die Geschäftigkeit an der anderen Talseite zu ignorieren. Allerdings kommt diese immer näher, je weiter südlich ich wandere. Die stark befahrene Strasse und die Bahnlinie der RhB streben dem gleichen Flussübergang zu wie der Wanderweg.
Bei Pradè Dadour l’Acla endet der Uferweg. Hier tritt der Flaz, der die Ova da Bernina und die Ova da Roseg vereint, aus dem Val Bernina hinaus in die weite Ebene Unterengadins. Hier steht auch die Talstation der Seilbahn, die ich ja bereits vom Vormittag her kenne.
Obwohl Giovanni Segantini eigentlich in Österreich zur Welt kam, hat er doch auch in der Schweiz deutliche Spuren hinterlassen, und ist vorallem in seinem Wirkungskreis Oberengadin sehr bekannt. Viele seiner Werke sind dort im Hochgebirge entstanden und gelten auch dank seiner speziellen Maltechnik, welche an den Pointillismus erinnert, als etwas ganz Besonderes. Mit dieser gelang es ihm, das eigenartige Licht der Landschaft sehr natürlich wiederzugeben.
Im Jahre 1858 wurde Segantini in Arco am Gardasee, das damals zu Österreich gehörte, geboren und wurde auf Giovanni Battista Emanuele Maria getauft. Seine Mutter verstarb mit 36 Jahren, und sein älterer Bruder war schon vorher bei einem Brand ums Leben gekommen. Da überliess ihn der alkoholkranke Vater seiner Tochter aus erster Ehe, wo er jedoch nicht willkommen war. Auf deren Bitte, ihm die österreichische Staatsangehörigkeit zu entziehen, blieb er Zeit seines Lebens staatenlos.
Als „Sans-papiers“ kam er nach dem Tod seines Vaters ins Erziehungsheim Riformatorio Marchiondi, wo ein Mönch sein Maltalent erkannte und ihn zeichnen und modellieren liess. Sein Halbbruder brachte es fertig, dass Giovanni die Anstalt verlassen konnte, und er stellte ihn ein in seinem Foto- und Drogeriegeschäft. Anschliessend diente er bei Luigi Tettamanzi in Milano als Gehilfe und erhielt vom Fahnen- und Schildermaler Zeichenunterricht.
1886 zog er mit seiner Familie nach Savognin, wo ihn vorallem die Landschaft und die dort lebenden Menschen interessierten. Er war inzwischen in weiten Kreisen bekannt und wurde von wohlwollenden Mäzenen sowie anderen bekannten Malern, wie Liebermann, Giacometti und Amiet, unterstützt. Nach der Weltausstellung in Paris, wo etliche seiner Werke gezeigt wurden, gewann für Kühe an der Tränke die Goldmedaille.
Seinen letzten Lebensabschnitt lebte er in Maloja und verbrachte viel Schaffenszeit in einer Hütte auf dem Schafberg, wo er 1899 verstarb.