Von der Lenzerheide nach Sils im Domleschg
Marschzeit 4h30min
Strecke 14.1 km auf 347 m ab 1138 m
Karte/n 1:50'000 257T / 258T
Anforderung:
Viele von Ihnen sind wohl schon auf dem Weg ins Engadin durch die Schinschlucht gefahren, sei es per Bahn oder sei es im Auto. Da flitzen dann die bedrohlichen Felswände an der gegenüber liegenden Talseite am Fenster vorbei und verschwinden wieder, bevor sie einem Angst hätten einflössen können.
Die hier vorgestellte Wanderung führt ganz nah an den Abgrund, aber von oben. Dadurch gewinnt der tiefe Einschnitt, den sich der wilde Fluss in Tausenden von Jahren geschaffen hat, eine ganz andere Dimension.
Ich starte also in der Dorfmitte der Lenzerheide und ziehe zuerst zum Campingplatz im lauschigen Wäldchen am Rain digl Lai. Kurz darauf überquert das Strässchen den Bach zum Weiler Resgia. An der Kläranlage vorbei wander ich weiter über Fuso - das sind nur zwei oder drei Häuser - nach Zorten. Wer von den befestigten Strassen schon jetzt runde Füsse hat, mag sich damit trösten, dass dies bald ein Ende hat. In Muldain wechseln wir auf einen Wanderweg, der es aber in sich hat, und der mich noch mit wahrlich wilden Passagen prüfen wird.
Nach der spitzen Kehre bei Plauna schmiegt sich der Pfad an die steile Südflanke des Crap la Pala, eines kleinen Bruders des Piz Scalottas. Der Einschnitt des Val da Peurs ist tief und fast schauerlich und die später folgende Felspassage auch nichts für Weicheier! In der senkrechten Felspassage mit den zwei kurzen Tunnels sind römische Wagenspuren nachgewiesen!
Trotz der wunderschönen Sonnenterrasse wirken die wenigen Häuser von Parnegl etwas verloren. Mein Weg von hier zum Elektrizitäts- und Umspannwerk in der Talsohle folgt dem asphaltierten Strässchen nach Norden und zweigt nach knapp 400 Metern nach links ab. Der Abstieg bis zum Hinterrhein ist recht stotzig.
Vom Hügel jenseits des Flusses grüsst die unübersehbare Kirche St. Cassian, ein Wahrzeichen von Sils. Um das Dorf zu erreichen, muss ich jedoch zuerst diesen Hügel umgehen, auf dem auch das Schloss Baldenstein thront.
Führungen in Parnegl im Voraus reservieren (Internet)!
Es gibt in den Alpen Täler, die schlicht zu schmal sind, um eine Verkehrsverbindung darin zu platzieren. Weder für eine vernünftige Strasse noch für eine Bahnlinie ist genügend Raum vorhanden. Also musste man sich schon in früheren Zeiten mit Tunnels und anderen Kunstbauten behelfen, um die „dahinter“ lebenden Menschen erreichen zu können und ihnen den Kontakt mit „dem Rest der Welt“ zu ermöglichen.
Durch die wilde Schinschlucht der Albula verlief neben der in etliche Tunnels gelegte Bahnlinie der RhB bis in die Sechzigerjahre des letzten Jahrhunderts eine schmale Strasse, die nur sehr langsam und äusserst vorsichtig zu befahren war. Heute ist dieser Bereich mit drei längeren Tunnels komfortabel ausgebaut. Somit ist die 9 km lange Enge in wenigen Minuten bezwungen.
Diese Verbindung führt aus dem Domleschg weiter im Tal der Albula nach Tiefenkastel, wo eine Abzweigung nach Lenzerheide und eine weitere zum Julierpass besteht, und weiter nach Filisur. Etwas unterhalb zweigt die Strasse ab nach Davos, die Bahnlinie jedoch verzweigt sich erst nach dem spektakulären Landwasserviadukt.
Die etwas schmalere Albulastrasse zieht weiter über Bergün und überwindet dort eine über 300 Meter hohe Geländestufe, bevor sie die Passhöhe auf 2312 müM erreicht.
Am oberen Ausgang der Schinschlucht trifft die Hauptstrasse auf eine schmale Bergstrasse. Sie zählt 22 Haarnadelkurven und erklettert die steile Nordflanke des Muttner Horns. Dort oben, auf fast 1400 Metern Höhe liegt das Dorf Mutten und weitere 400 Meter höher Obermutten.
Bahn und Strasse überqueren den Fluss östlich des Dörfchens Solis, oder romanisch Solas, über einen fast kühn anlegten Viadukt. Diese Brücke ist die höchste der Rätischen Bahn und überspannt die Albula auf 89 Metern Höhe auf einem Hauptbogen von 42 Metern Spannweite sowie zehn Nebenbögen. Sie war seinerzeit die erste Steinbogenbrücke mit parabelförmig gebogenem Gewölbe und deshalb besonders schlank. Neben der neuen Strassenbrücke, aus vorgespanntem Beton gefertigt, wirkt dagegen eher behäbig und solid.