Von Rueun (Surselva) nach Breil / Brigels
Marschzeit 3h
Strecke 9.4 km auf 627 m ab 78 m
Karte/n 1:50'000 256T / 257T
Anforderung:
Die meisten Dörfer in der Surselva liegen auf der Nordseite des Tales, häufig auf weniger stotzigen Sonnenterrassen. So auch die Orte Waltensburg, Brigels oder Andiast. Dies war schon im Mittelalter die bevorzugte Lage, wie zahlreiche Ruinen ehemals stolzer Burgen beweisen.
Ich starte die Tour zu einer der grössten in Rueun, wohin mich die RhB gebracht hat, und ich folge den Wegweisern hinauf zur Oberalpstrasse und dann parallel dazu über den heute friedlich rauschenden Schmuerbach. In den Jahren 1987 und zuletzt 2002 brachten seine Murgänge Tod und Zerstörung über das Dorf. Solide Schutzbauten sollten dies künftig verhindern.
In einigen Kehren steige ich auf zur Ruine Sogn Gieri, die auf einer markanten Felsnase 200 Meter über dem Tal thront. Von hier liess sich der Verkehr im Tal sehr gut überblicken und kontrollieren.
Nach dem Besuch der alten Mauern wende ich mich nach Westen und gelange nach einer guten Viertelstunde über saftige Wiesen zum langgestreckten Dorf Waltensburg. Bis zum letzten Haus sind es fast 2km!
Kaum im Wald treffe ich auf ein ganz spezielles Bauwerk. Die dreigeschossige Burg Kropfenstein wurde im frühen 14. Jrhd. teilweise in den Fels hinein gebaut. Der Zugang war damals noch recht schwierig entlang der steilen Felswand.
Zwischen schmalen Felsbändern ziehe ich weiter und steige erst recht steil, dann aber gemütlich hinein in die Mulde die der Flem geschaffen hat. Hier ist Platz für allerlei Zeitvertreib. Etwas höher als der Lag da Breil dehnt sich ein Golfplatz aus, und unten am Wasser findet der Gast eine gepflegte Badegelegenheit.
Am Gegenhang ziehen sich die Ferienhaus-Anlagen bergwärts, wer aber noch höher möchte, benützt die Seilbahn Richtung Piz d’Artgas. Mein Ziel liegt im Zentrum des Ortes und ist mit Restaurant angeschrieben. Ich verpflege mich sehr gediegen, bevor ich an einer der vielen Haltestellen den Bus für die Rückfahrt besteige.
Die Ruine der Burg Jörgenberg, wie die grösste Anlage in der Surselva auf deutsch genannt wird, steht auf einem Felssporn des langgezogenen Rückens bei Waltensburg.
Im Jahre 765 taucht die Burg als castellum im Testament des Bischofs Tellos erstmals auf. Im 9. Jrhd. heisst sie im rätischen Reichsurbar (Reichsverzeichnis) ecclesia sancti Georgii in Castello. Damit wird die Kirche in der Burg angesprochen. Mit diesen Datierungen ist die Jörgenburg wohl die älteste Anlage im Kanton Graubünden.
In der langen Geschichte sah die Burg viele Besitzer kommen und gehen, auch solche aus Österreich. Etliche Geschlechter verschwanden mangels Nachkommen, andere kamen durch Heiraten zum Besitz und immer wieder spielte im Hintergrund die Kirche mit. Das Kloster Disentis erwarb die Liegenschaft und die zugehörigen Bergbaurechte im Jahre 1462. Allerdings blieb sie Sitz des Kastellans mit dem Recht, Steuern zu erheben und Gefangene einzukerkern. Zu dieser Zeit entstanden auf dem Galgenhügel auch die zwei noch sichtbaren Galgensäulen.
Ab 1580 lag die Burg dann in den Händen der Familie Gandreya, deren Nachfahren sie knappe 200 Jahre später an die Gemeinde veräusserten. Allerdings war die Besitzfrage äusserst unklar, weshalb die inzwischen reformierte Gemeinde dem Kloster Disentis noch satte 4500 Gulden nachzahlen musste, um endgültig in deren Besitz zu gelangen. Der Abt hatte sich dabei ausbedungen, fortan den Titel „Herr von Jörgenberg“ tragen zu dürfen.
In der Folge setzte der zunehmende Zerfall der Anlage ein, was den Schweizerischen Burgenverein auf den Plan rief. Im Jahr 1930 wurden umfangreiche Freilegungs- und Sicherungsmassnahmen in Angriff genommen. Die finanziellen Mittel stammten aus dem Nachlass von Anton Cadonau, an den eine Gedenktafel im Innenhof erinnert. Leider erfolgten die Arbeiten unsachgemäss, sodass um die Jahrhundertwende eine Gesamtrenovation durchgeführt werden musste.