Von Zervreila nach Vals
Marschzeit 2h
Strecke 5.5 km auf 320 m ab 243 m
Karte/n 1:50'000 243T
Anforderung:
Rein zufällig gerät wohl kaum jemand nach Vals, denn es liegt für kartenunkundige zu abgelegen, fast zuhinterst am Valser Rhein. Dank der Mineralquelle und dem Wasser des Wildbaches ist das Tal jedoch sehr gut erschlossen.
Ich fahre also mit dem Postauto hinein in die immer enger werdende Kerbe, die das Wasser ausgewaschen hat bis Zervreila. Im gastlichen Restaurant genehmige ich mir einen stärkenden Kaffee, bevor ich mich auf die Socken mache (sagt man so!) auf den gemütlichen Spaziergang auf gutem Weg.
Beim Gang über die elegant gebogene Staumauer geniesse ich den Blick talauswärts mit dem Kraftwerk am Fusse des mächtigen Baus und taleinwärts zur beeindruckenden Kulisse der Adula-Gruppe mit dem stolzen Rheinwaldhorn hinter dem gegabelten Stausee.
Gegenüber der Fahrstrasse verläuft der Wanderweg und steigt zuerst zu den Häusern von Frunt mit der dazugehörenden Kapelle. Auf fast 2000 müM liegt der höchste Punkt der Route, also geht’s ab jetzt (fast) nur noch abwärts.
Bei nicht allzu sonnigem Wetter treffe ich hier kaum Menschen an, dafür ein Rudel friedlich äsender Steinböcke. Offenbar wissen die genau, dass Leute mit leuchtend farbigen Jacken kein Gewehr tragen, jedenfalls lassen sie sich durch mich nicht stören.
Nach den verstreuten Hütten bei Bidanätsch und ungezählten kleinen Wasserläufen, die sich über rauschende Fälle rheinwärts stürzen, nähere ich mich der Waldgrenze und dem Valser Skigebiet, das bis auf 2500m reicht. Von der Bergstation der Sesselbahn führen zwei Schlepplift-Sektionen hinauf bis zu deren Quellen. Zahlreiche Ferienhäuschen verteilen sich über die Leiser Heubärga.
Beim Gasthaus Gadastatt - einem typischen Walserausdruck - treffe ich auf die erwähnte Sesselbahn. Bei unsicherem Wetter kann es sein, dass sie nicht betrieben wird. Wer die unerfreuliche Situation, nicht erwartet zu werden, vermeiden möchte, erkundigt sich vorher unten im Dorf über die Betriebszeiten.
Vor der Talfahrt lasse ich es mir aber nicht nehmen, im Restaurant einen köstlichen Zmittag zu geniessen. Wenn die Wanderung auch nur 2Std in Anspruch nahm, so spüre ich doch einen deutlichen Hunger, den es zu stillen gilt.
Fast zuhinterst im Valsertal, dort wo die Berge das Valserwasser machen, vereinigte sich einst der Valser Rhein mit dem Canalbach und durchfloss ein enges, wildes Tal. Seit 1957 spiegelt sich der Himmel in einem ruhigen, grün-blau schimmernden See, denn seit dieser Zeit steht dort eine 151m hohe Staumauer mit über 500m Bogenlänge. Wenn der See ganz gefüllt ist, beträgt seine Fläche 1.6km2 und speichert 101Mio m3 Wasser.
Schon während des Ersten Weltkrieges betrieb die Gemeinde Vals an dieser Stelle ein kleines Kraftwerk mit zwei Turbinen und je einem Generator. Probleme beim Zufluss des benötigten Wassers verhinderten jedoch meist den Einsatz beider Turbinen. Deshalb sassen die Bewohner des Dorfes trotzdem häufig im Dunkeln.
Nach schwierigen Verhandlungen mit Grosskraftwerken (Greina-Projekt) um die Wassernutzung in den Bündnertälern, erteilte die Gemeinde Vals anlässlich einer ausserordentlichen Versammlung im Dezember 1948 die Konzession für ein neues Kraftwerk an die Kraftwerke Zervreila AG mit den Hauptinvestoren Sernf-Niederenbach AG, NOK und der ehemalige Motor-Columbus. Im Jahre 1959 feierten dieses Konsortium mit dem ganzen Tal die Einweihung des neuen Werks.
Das ganze Gebiet bis hinauf zum Läntagletscher mit der Lampertschalp gehört ebenfalls der Kraftwerkgesellschaft. Offensichtlich war eine weitere, höher gelegene Staustufe am Valser Rhein geplant - oder mindestens angedacht. Nach dem durch die Natur- und Landschaftsschützer gewonnenen, langjährigen Prozess in der Greina, wurde jedoch von diesem Vorhaben abgesehen.
Das Protokoll der Konzessionserteilung hält fest, dass der Standortgemeinde 200MWh gratis zustehen und sie bis zu 800MWh zu einem Vorzugspreis beziehen könne. Noch im Jahre 1960 betrug die bezogene Energie lediglich 553MWh, aber bereits im Jahre 2005 überstieg der Bezug die 17’000MWh. Nicht zuletzt wegen dieses enorm gestiegenen Stromverbrauchs übernahm die Gemeinde Vals 2003 6% des Aktienkapitals.
Das der Mauer vorgelagerte Ausgleichsbecken dient der Aufnahme von Wasser aus dem Peilertal zur Füllung des Hauptbeckens.