Von Kurhaus Weissenstein nach Oberdorf SO
Marschzeit 3h30min
Strecke 12.0 km auf 371 m ab 982 m
Karte/n 1:50'000 233T
Anforderung:
Dass der Mensch nicht seit der Geburt unserer Erde mit dabei war, dürfte hinlänglich bekannt sein. Ob allerdings jemand nach unserem Gastspiel auf diesem Planeten unsere Spuren mit ebensolcher Ehrfurcht betrachten wird, wie wir heute die Fussabdrücke der Saurier, möchte ich bezweifeln.
Ich lasse mich mit der neuen Seilbahn von Oberforf bei Solothurn auf den Weissenstein gondeln. Beim stattlichen Kurhaus nehme ich den Wanderweg Nr. 5 unter die Sohlen und ziehe dem Waldrand entlang in ungefähr südwestlicher Richtung. Die sonst häufig geschätzte Aussicht hält sich in sehr engen Grenzen, denn der Weissenstein steht mir vor den Augen zum Mittelland.
Nach einer knappen halben Stunde erblicke ich etwas abseits das Bergrestaurant Hinterer Weissenstein, weil ich aber weiss, dass noch weitere ähnliche Häuser am Wegrand folgen werden, zweige ich ab nach links. Auf dem Weg zur Schilizmatte überquere ich die Bahnlinie von Solothurn nach Mouthier, allerdings fast 500 Meter über den Gleisen!
Im Schatten des Vorberges komme ich gut voran. Der markante Gupf der Hasenmatt weist mir den Weg, aber der Ehrgeiz, von zuoberst herab zu schauen, geht mir ab. Mich lockt eher das daneben stehende Alprestaurant Alphüsli. Hier drin lasse ich es mir gut gehen, denn mein Körper ist darauf getrimmt, sich um die Mittagszeit zu melden.
Nach der willkommenen Pause senkt sich der Weg recht stotzig hinab zur Schauenburg. Aber der Rummel in der Gartenwirtschaft lockt mich nicht, also marschiere ich weiter, entlang der südlichen Flanke des Weissensteins. Der Weg führt mich in einigen Schlenkern zu einem mächtigen Steinbruch.
Genau hier wurden bei Arbeiten die Jahrtausende alten Saurier-Fussspuren entdeckt. Natürlich waren viele dieser Reptilien riesengross, aber die Schuhnummer deren Füsse dürfte die 100 noch überstiegen haben! Mit solchen Füssen hätte ich für den letzten Kilometer bis zur Station Oberdorf kaum eine Viertelstunde gebraucht.
Bei Lommiswil, am Fusse des Weissensteins bei Solothurn, wurde eine einst waagrecht liegende, verhärtete Sedimentplatte durch die Auffaltung des Juras angehoben und schräg gestellt. Bei Arbeiten in einem Steinbruch kam diese Platte zum Vorschein und wurde sofort gesichert, denn sie zeigt etliche gut erhaltene Fussabdrücke von verschiedenen Sauriern. Es dürfte sich um Echsenfuss-Saurier und Apato- oder Bronto-Sauriern handeln. Sie zählen zu den besterhaltenen Spuren im gesamten Juragebiet.
Auf besagter Platte sind es 313 Trittsiegel in 9 Fährten. Gut zu sehen sind die kleineren Abdrücke, die an Hufeisen erinnern. Sie stammen von den Vorderfüssen und messen etwa 40 x 60 cm. Daneben treffen wir auf die grösseren, ovalen Abdrücke der Hinterfüsse mit ungefähr 80 x 120 cm. Mit diesen Füssen liessen sich bei einer Hüfthöhe von zirka 3 - 4.5 m lange Schritte von 3 bis 5 m machen.
Diese Spuren dürften etwa 145 Mio Jahre alt sein, und die gesamte Platte aus dem sogenannten Solothurner Schildkrötenkalk misst annähernd 10’000m2. Dieser Name bezieht sich auf die ungefähr 500 versteinerten Schildkröten, welche in ganz besonderer Erhaltungsqualität neben den Fussstapfen auch in dieser Schicht gefunden wurden. Der Grund dazu dürfte sein, dass diese damals recht schnell durch Kalkschlamm zugedeckt wurde, bevor sich Aasfresser an den Leichen gütlich tun konnten.
Die im Steinbruch gefundene Platte offerierte den Forschern jedoch noch weitere fossile Überraschungen. Sie fanden auch Reste von Schnecken, Krokodilen und Zähne von urtümlichen Haifischen sowie in der weiteren Umgebung Teile von Seeigeln, Fischen und Krebsen. Auch diese lagen unter einer schützenden Algenschicht auf dem Grund des damaligen Meeres, das das ganze Mittelland bedeckte. Durch weitere Ablagerungen stieg der Druck auf diese Platte, und sie sank langsam ab. Dadurch wurde sie auch dem zerstörerischen Wellenschlag entzogen, was die heute sichtbaren Spuren richtig gehend konservierte, das heisst, die Versteinerung begünstigte.
Erst viel später begann die Auffaltung der Juraketten, und die fraglichen Schichten wurden wieder an die Oberfläche befördert.
Sandstein aus diesem Bruch wurde verwendet für den Bau der St. Ursenkathedrale in Solothurn.