Von St-Cerque nach Bassins (Nyon)
Marschzeit 3h
Strecke 11.7 km auf 247 m ab 543 m
Karte/n 1:50'000 260T
Anforderung:
Mit der wirklich internationalen Bahn fahre ich von Nyon in ungezählten Kurven und Schleifen hinauf nach St-Cerque. Der Ort liegt oberhalb der steilen Combe de Crévat Tsevau und besteht zum Grossteil aus Ferienhäusern und Zweitwohnungen.
Von der Bahnstation wende ich mich dem obersten Quartier gleich unterhalb der Roches zu. Dort schwenke ich nach rechts und „klettere“ weiter. Wald und Weiden wechseln einander ab und nach zwei Kehren gelange ich auf ein Strässchen bei Les Agozats. Nun geht’s leicht abwärts, bis ich inmitten des Waldes auf die sterblichen Überreste des Klosters von Oujon stosse.
Nach einer besinnlichen Pause, während welcher ich die Wahl dieses Ortes für ein Kartäuserkloster gut nachvollziehen kann, wandere ich weiter nach Norden über der Fluh Les Ormes zum eigenartigen Gupf Le Molaret. Der Weg führt mich vorerst an dieser Erhebung vorbei, kehrt dann aber zurück und überquert am tiefsten Punkt den Hügel, um in die Mulde La Pessette zu gelangen.
Durch den Bois au Ministre geht’s weiter abwärts und folgt nach einem deutlichen Schwenker für kurze Zeit dem Strässchen ab Le Bugnonet nach Süden. Am Waldrand liegt an verträumter Stelle ein Campingplatz für Entspannungsferien.
Die weite Kehre des Strässchens kürze ich ab, parallel zum nahen Waldrand und erreiche bald die Waldsiedlung Les Siaux - nicht zu verwechseln mit Sioux! Die liegt in Nordamerika.
Der Strasse entlang reiht sich Ferienhaus an Ferienhaus, bis weiter unten grössere Gebäude folgen. Sie bilden eine Art offenes Dorf und schauen ehrfürchtig zur stolzen Kirche auf einem Hügelsporn hinauf. Dort liegt auch Bassins Haltestelle für den Bus, der mich in einer knappen Stunde nach Gland am Lac Léman bringt.
Im Jahre 1146 wurde das älteste Kartäuserkloster der Schweiz auf einer Waldlichtung im Jura etwa 2km nordöstlich von St-Cergue gebaut. Während der Reformationskriege wurde es wahrscheinlich von den Bernern in Brand gesteckt, geschleift und die Mönche im besten Fall vertrieben.
Der Name Oujon leitet sich sehr wahrscheinlich vom lateinischen augio ab, was auf deutsch Trog bedeutet. Und genau so sieht die topografische Situation am Standort aus. Die Gebäude stehen in einer Mulde geschützt und abgeschieden, wenn auch nicht sehr weit von der Strasse entfernt. Diese Isolation ist im Kartäuser-Orden durchaus gewollt, und die kaum besiedelten Jurahänge für ein Leben abseits der Gesellschaft geradezu ideal. Der Orden wurde 1084 vom Heiligen Bruno auf der Bergkette Chartreuse bei Grenoble gegründet. Die Abteien bestanden selten aus mehr als einem Dutzend Mönchen, welche alle ihr eigenes Häuschen bewohnten, das sie kaum verliessen. Die gemeinschaftlichen Riten wurden nach dem Muster der Benediktiner abgehalten.
Während der Blütezeit des Convents erhält das Kloster viele Spenden, speziell von Olivier du Mont, dessen Burgruine im Gebiet der Gemeinde Mont-sur-Rolle noch heute zu sehen ist. So wird die Kartause eine wichtige Herrschaft, gerät aber auch immer wieder in lokale Zwistigkeiten mit ihren Nachbarn, den Herren von Mont und Genolier, sowie den Abteien von Bonmont und St-Claire.
Im Jahre 1306 gründete das Kloster als Aussenposten die Pfarrei in Arzier oberhalb von Gland.
Nach dem Abklingen der Wirren um die Reformation wünschten die Kartäuser von den Bernern die Erlaubnis, ihr Kloster wieder aufzubauen, was jedoch abgelehnt wurde. Die letzten, zurückgekehrten Mönche verliessen den Ort, und damit war die Existenz der Kartause d’Oujon beendet. In den folgenden Jahrhunderten wurden die Überreste von den Bewohnern der Region geplündert und ausgeraubt, sodass die ersten an diesem Ort eintreffenden Archäologen nurmehr ein paar Mauerreste und die Fundamente vorfanden.
Erst in den 1970er Jahren wurden ein paar Restaurationen zur Vervollständigung des Grundrisses ausgeführt.