Von Lully nach Lully
Marschzeit 3h
Strecke 12.3 km auf 160 m ab 160 m
Karte/n 1:50'000 270T
Anforderung:
Das Örtchen Lully liegt unweit der hier noch jungen A1 am Flüsschen l’Aire südlich des Genfer Ortsteils Onex.
Ich lasse mich also öffentlich nach Lully fahren und folge von dort dem Flüsschen gegen die Fliessrichtung nach Süden. Bei den grossen Gewächshäusern wechsle ich auf die andere Seite und gelange bald an die Landesgrenze. Auf der französischen Seite verläuft der Weg weiter bis zur Strasse von St-Julien nach Thairy, welcher ich durch das Dörfchen folge. An dessen westlichem Ende schwenke ich nach links, gelange nach Crache und zweige noch vor der Strasse ab durch die Reben, um über den Punkt 462 wieder in die Schweiz einzumarschieren.
Bei Soral empfängt mich der bekannte gelbe Wegweiser und schickt mich fast diagonal durch den Ort an zwei Verzweigungen vorbei. Bei der dritten wähle ich den Weg nach rechts hinab in die flache Mulde, über die Strasse zum Rebhang und schliesslich nach Laconnex.
Nach einem fast 90grädigen Schlenker gelange ich zu einem Verkehrskreisel beim Sportplatz, wo einer der Wegweiser nach Sézenove zeigt. Das ist genau nach meinem Geschmack! An einer bescheidenen Waldparzelle vorbei erreiche ich die Siedlung, deren Häuser geprägt sind vom Weinbau. Die Rebhänge ziehen sich bis nach Confignon, aber so weit will ich gar nicht gehen.
Mich lockt der höchste Punkt dieses Hügelrückens Le Signal, von dem ich mir eine wunderschöne Aussicht auf die Umgebung verspreche. Zwischen den fast endlosen Reihen von Rebstöcken hindurch lenkt mich der Weg mal aufwärts, mal abwärts, mal ebenaus bis zum anvisierten Punkt. Der Blick schweift wirklich weit hinaus über das Gewusel von Genève hinweg zu den Gipfeln jenseits des Lac Léman. Was ich aber auch sehe, ist der zwar hässliche, jedoch faszinierende Autobahnknotenpunkt von Perly. Perlen sehen allerdings ganz anders aus! Da laufen ja bis zu zehn Fahrspuren nebeneinander, und doch haben die vielen Autos kaum Platz.
Der Abstieg ist schnell erzählt: Er ist kurz und teilweise recht stotzig. Die Bushaltestelle liegt fast genau 100 Meter tiefer, und schon bin ich wieder froh, dass es Strassen gibt!
Regionen wie die im Kanton Genf, mit einem milden Klima und teils lehmigen oder sandigen Böden, sind für den erfolgreichen Weinbau ideal. Nicht zuletzt deshalb hatten die Römer seinerzeit bei ihren Eroberungen nördlich der Alpen ein Auge auf derartige Terroirs. Die ältesten Rebstöcke, die in diesem Weingebiet nachgewiesen werden konnten, sind 2000 Jahre alt. Seither wurde hier ohne Unterbruch Weinbau betrieben und dieser stellt einen wichtigen Zweig der hiesigen Wirtschaft dar.
Gegen Ende des 19. Jhrd. erwuchs den Rebbauern durch die mit der Eisenbahn eingeführten französischen Säfte eine ernst zu nehmende Konkurrenz. Zudem verbreitete sich die gefürchtete Reblaus Phylloxera epidemisch, und bald lag die einheimische Produktion darnieder.
Mit viel Ausdauer und einem starken Bezug zu den regionalen und lokalen Traditionen gelang es den Genfern, ihren Weinbau von Grund auf zu reformieren und ihren Weinen wieder zu einem angemessenen Platz im Markt zu verhelfen. Seit dem markanten Aufwärtstrend wurde die Anbaufläche vergrössert und das Streben nach bester Qualität gesteigert. Daraus resultieren die erfreulichen Zahlen von heute, produziert der Kanton doch auf der drittgrössten Fläche der Schweiz jährlich 11 Mio Liter Wein.
Seit dem Jahre 1988 tragen diese auf dem Markt die Qualitätsbezeichnung AOC (Appellation d’Origine Controllée). Dies ist der Lohn für unermüdlichen Einsatz mit traditionellen Rebsorten und deren sorgfältiger Pflege. Vielfältige Bouquets und nuancenreiche Aromen haben diese Weine in die Avant-Garde der Schweizer Gewächse gespült. Sie erfüllen mit ihrem Reichtum und Gehalt in harmonischer Abstimmung die steigenden Ansprüche des Publikums, das sich zunehmend sachkundig und kritisch mit den angebotenen Produkten auseinandersetzt.
Die knapp hundert Kellereien führen eine lange Palette von hochstehenden Spezialitäten aus Rebsorten wie Gewürztraminer, Viognier, Cabernet Sauvignon oder der neuen Schöpfung Gamaret.