Vom Wangen nach Wolfwil
Marschzeit 3h30min
Strecke 15.1 km auf 96 m ab 97 m
Karte/n 1:50'000 233T / 234T
Anforderung:
Die meisten Flusswanderungen haben die Eigenheit, kaum Steigungen und grössere Gefälle zu überwinden. Zugegeben, bei Gebirgsbächen ist dies ganz anders, aber das sind ja noch keine Flüsse! Dadurch läuft der Wanderer jedoch auch Gefahr dass es ihm langweilig wird. Um dies zu vermeiden, schlage ich eine Wanderung entlang der Aare vor, die auf dem kurzen Abschnitt die Möglichkeit bietet, den Wasserlauf gleich fünfmal zu überqueren. Dabei dürfte die letzte etwas ganz Besonderes sein: eine Überfahrt mit der Fähre.
Ich starte in Wangen und wende mich gleich beim Bahnhof an die gelben Wegweiser, die mich auf dem kürzesten Weg zur Aare führen. Genauer gesagt, zum Hauptarm der Aare, denn es gibt hier auch noch einen Kanal, der sich jedoch bald wieder mit dem Fluss vereint. An der unvermeidlichen Kläranlage vorbei erreiche ich die erste Brücke, die ich aber auslasse, damit der Wechsel von links zu rechts weiter unten aufgeht.
Bei Walliswil quere ich also den Wasserlauf, um nach Walliswil zu gelangen. Hihi werden sie denken - aber es gibt beidseits ein Dorf mit dem gleichen Namen. Ich folge nun dem linken Ufer zur nächsten Gelegenheit, die Seite zu wechseln und ziehe an Berken vorbei zum Übergang beim Kraftwerk. Nicht ganz mitten im Fluss taucht unterwegs ein Juwel der Natur aus den Fluten. Die Insel Vogelroupfi beherbergt eine ganze Reihe typischer Auenbewohner - ausser dem homo sapiens.
Der folgende Abschnitt ist ziemlich lang, denn bis Aarwangen gibt es weder Brücken noch andere Möglichkeiten zum Übersetzen. Die kleine Eisenbahn der ASm (Aare-Seeland mobil) von Niederbipp nach Lenzburg benützt ebenfalls die Strassenbrücke - oder umgekehrt? Je nach Zeitbudget wäre Aarwangen der Ort zur gepflegten Verpflegung, ansonsten kehre ich nach einem kurzen Schlenker wieder ans Ufer zurück, verliere es jedoch nach der Kläranlage für etliche hundert Meter fast aus den Augen.
Ebenso weit bleibe ich dann aber der rechten Seite treu bis zur Fähre bei Far, die mich trockenen Fusses allein mit Wasserantrieb am langen Seil zum Restaurant Fähre trägt. Hier lasse ich vor dem Marsch ins Dorf nochmals die Füsse baumeln und befeuchte die trockene Kehle.
In der Schweiz gibt es keinen längeren Fluss als die Aare. Natürlich sind Rhein und Rhône länger, aber sie fliessen ja zum grösseren Teil im Ausland. Von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein bei Kaiserstuhl legt das Wasser der Aare 288 Kilometer zurück und ein Gefälle von 1565 Metern.
Im Grimselgebiet liegen der Ober- und der Unteraargletscher, deren Wasser sich auf den Weg macht zur spektakulären Aareschlucht bei Meiringen. Diese ist etwa 1400 Meter lang und 180 Meter tief in den Fels geschnitten.
Nur wenige Kilometer weiter mündet sie in den Brienzersee, den oberen der zwei bekannten Berner Alpenseen. Sie dienen als Rückhalte- und Ausgleichsbecken für den Wasserstand der Aare im unteren Lauf. Weil das aber der Natur selber nicht immer gelingt, besteht in Thun ein ausgetüfteltes Schleusensystem. Mit diesem sollen Hochwasser in der Altstadt von Bern möglichst verhindert werden.
Den gleichen Zweck verfolgte man mit de Umleitung des Flusses in den Bielersee, bevor er die Weiterreise dem Jura entlang nach Solothurn und in den Aargau antreten darf. Der alte Lauf bildet hier ein wertvolles Naturschutzgebiet, während der neu geschaffene bis Solothurn mit Schiffen befahren werden kann.
Einige Male erfährt die Aare eine künstliche Stauung zur Gewinnung von elektrischer Energie und unterhalb Berns darf (oder muss) sie gar ein Atomkraftwerk kühlen. Dasselbe passiert ihr dann weiter unten bei Beznau nochmals. Das funktioniert nicht zuletzt wegen der recht grossen Wassermenge der Aare sehr gut. Mit durchschnittlichen 560 m3 pro Sekunde führt sie mehr Wasser als der Rhein mit lediglich 440m3/s. Demzufolge wäre eigentlich der Rhein ihr Nebenfluss, nicht umgekehrt.
Ihr Wasser wird darum auch immer wieder zur Stromerzeugung genutzt, nicht nur bei Aarwangen, wo ja unsere Wanderung vorbei führt. Auch weiter unten bei Rothrist, Niedergösgen, Aarau, Schinznach und Klingnau bestehen solche Anlagen.
Wegen ihrer relativ hohen Fliessgeschwindigkeit sind Temperatur-Schwankungen von mehr als 5°C innert weniger Stunden nichts besonderes. Diese könnten auch von den Windverhältnissen am Thunersee beeinflusst werden, weil sie Tiefenwasser in den Abfluss drängen.