Vom Stettlen nach Krauchthal
Marschzeit 3h
Strecke 9.6 km auf 553 m ab 524 m
Karte/n 1:50'000 233T / 234T
Anforderung:
Den gewaltigen Antennenturm auf dem Bantiger sieht man von der A1 aus kurz vor der Verzweigung Schönbühl. Von hier aus werden Fernseh- und Radioprogramme, sowie Telefongespräche in alle Himmelsrichtungen verschickt. Ausserdem dient er der Wetterbeobachtung. Dass der Turm gerade hier steht, ist kein Zufall, sind doch Hügel mit fast 1000 Metern Höhe im Mittelland nicht sehr dicht gesät. Wäre da nicht der Napf, hätte man von hier sogar Sichtkontakt zum Säntis - nur für ganz gute Augen!
Ich starte meinen Trip in Stettlen, wo die RBS (Regionalbahn Bern - Solothurn) eine Haltestelle hat. In nördlicher Richtung durchquere ich den Ort und steige hinan nach Ferenberg. Ab hier stehen mir einige Wege zum Bantiger zur Verfügung, überhaupt offenbart sich hier das Wegnetz fast verwirrend vielfältig! Ich wähle die Route, welche am Westende des Dorfes steil aufwärts führt und bald im Wald verschwindet.
Nach diesem Kraftakt erreiche ich den Fuss des Turms, der - in der Schweiz fast logisch - auch als Aussichtsturm offen steht. Die Plattform bietet atemberaubende Blicke über das Mittelland bis zum Jura und zu den Alpengipfeln.
Der Geländekante folgend beschreibt der Weg nun einen weiten Bogen und zieht parallel zum tiefen Graben des Lindentals nach Norden. Immer näher gelange ich so an die steile Fluh, die beinahe senkrecht abfällt. Schon bald erkenne ich weit vorn die wunderschön gelegene Strafanstalt Thorberg. Ob die Bewohner dort diesen Vorzug wohl zu schätzen wissen?
Recht einsam liegt die Chlosteralp gleich neben der Galgehöchi - welch ein Kontrast! Nicht weit davon schwenkt der Weg unvermittelt nach rechts und senkt sich steil hinab an der Fuss der bedrohlichen Felswand. Hier stossen wir auf ein Kuriosum der besonderen Art: In den Fels hinein wurden hier Häuser gebaut, die keineswegs nach historisch drein schauen.
Der Krete entlang gelange ich nach ein paar Kehren in den Talgrund beim Hübeli und geradewegs nach Krauchthal, meinem Tagesziel.
Wäre ich nicht zu Fuss unterwegs und führe der Wanderweg nicht exakt an der Stelle vorbei, ich hätte wahrscheinlich übersehen, was ich eigentlich gerade nicht übersehen wollte. Allerdings hilft dem weniger Aufmerksamen ein Wegschild an der Strasse. Es zeigt zur hohen Felswand an der Westseite des Lindentals, etwa anderthalb Kilometer vom Dorf Krauchthal entfernt.
In einer Art Höhle, eher Grotte oder Balm genannt, sind tatsächlich Höhlenwohnungen auszumachen. Sie ducken sich fast ehrfürchtig unter den Jahrtausende alten Fels und vertrauen ihm genau so, wie jene, welche ihr Haus auf ihn drauf bauen.
Entstanden ist die seltsame Formation anlässlich der letzten Eiszeit durch einen Seitenast des Aaregletschers. Dieser schob sich recht unsanft in die Molasse, also den Grund des ehemaligen Urmeeres im heutigen Mittelland, hinein. Durch die Erosion entstanden nebeneinander zwei ausladende Halbhöhlen. Sie lagen etwas höher als der Talgrund und waren immer trocken, da der Stein darüber offenbar wasserundurchlässig ist. Ausserdem schützt allein schon die Lage vor den Unbillen des Wetters, vorallem auch des Winters.
Archäologische Untersuchungen ergaben, dass diese Höhlen wohl schon zur Zeit der Römer, also lange vor Christus, bekannt und wahrscheinlich auch zeitweise bewohnt waren. Eine erste schriftliche Aufzeichnung über diesen Ort erfolgte allerdings erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts.
Ein Bürger aus Krauchthal ersuchte um amtliche Erlaubnis, eine Behausung in die Höhle einzubauen. Dem Ersuchen wurde statt gegeben, und seither waren die beiden Höhlen ohne Unterbruch bewohnt. Einmal hausten Weber hier, später Bauern, welche unten im Tal ihr Vieh weideten und die Felder bestellten. Natürlich besuchten auch viele Durchreisende und vorallem Künstler die seltsamen Höhlenhäuser.
Das Leben darin gestaltete sich aber ganz unromantisch, musste doch das Wasser mühsam herauf geschleppt werden. Und wohin sollte der anfallende Abfall sowie die tägliche Notdurft gebracht werden? Solche Fragen sind heute buchstäblich geklärt, und der Zugang wurde durch einen Schräglift erleichtert.