Von Schüpfen nach Büren a.A.
Marschzeit 3h30min
Strecke 14.3 km auf 263 m ab 339 m
Karte/n 1:50'000 233T
Anforderung:
Der Lyssbach versorgte bis in die jüngere Vergangenheit unzählige Mühlen, Sägereien und andere Gewerbe mit Wasserkraft. Die Zeiten haben sich geändert!
Die gelben Wegweiser schicken mich vom Bahnhof Schüpfen zu dessen Ufer und wenig später über die Autobahn A6 zum Hardwald. In fast exakter Nordrichtung folge ich fast eine halbe Stunde dem Waldrand in schnurgeraden Abschnitten und durchquere ihn dann nach Rapperswil.
Hier gibt es keinen Kinderzoo, also lasse ich mich nicht aufhalten. Der breite bequeme Weg erlaubt jedoch den Blick über die Felder und den markanten Kirchturm des Ortes zum Jura.
Parallel zur alten Bernstrasse ziehe ich weiter zwischen einem kleinen Burghügel und der gewaltigen Ziegelei mit der dazu gehörenden Tongrube hindurch zur bewaldeten Höhe Gsteig. Der Blick zurück offenbart nochmals die fast idyllische Landschaft, die der Wilbach durchfliesst.
Vor mir liegt Wengi am Rande des breiten, flachen Limpachtales. Im nahen HIndermoos liegen einige von einem grösseren See zurück gebliebene Weier, die für eine vielfältige Flora und Faune eine ideale Heimat darstellen. Die Limpach beitet dazu einen schmerzhaften Kontrast: Kilometerweit schnurgerade mit solide verbauten Ufern fliesst sie der Emme zu. Lebensfeindlicher geht’s kaum!
Auf der nördlichen Talseite empfängt mich der nächste Hügel mit dem schmalen Durchgang Schlattrain. Zu meiner Linken erhebt sich der Spishubel, dessen höchster Punkt, bevor ich aus dem Wald trete und im stattlichen Schnottwil auf die andere Seite der Kantonsstrasse wechsle. Das Dorf macht sich auf dem Buecheggberg breit, welcher dieser Route zum Namen verholfen hat.
Durch das Chilcheholz und den westlichen Ausläufer des Eichwaldes erreiche ich das Aaretal. Am Fusse des Schlosshubel treffe ich auf die südlichen Quartiere von Büren und kann die Bahnstation kaum verfehlen. Ich nehme mir jedoch die Zeit, noch vor der Abfahrt zur Aare mit der geschützten Holzbrücke hinab zu steigen.
Es gab einst eine Zeit, es ist schon lange her, da war der Ort Büren an der Aare bis weit über die Landesgrenze hinaus bekannt. Im späten Mittelalter, also im 13. bis 15. Jahrhundert, pilgerten ungezählte, überaus verzweifelte Eltern mit ihren tot geborenen KIndlein, die vor dem Ableben nicht hatten getauft werden können, zum Standbild der Heiligen Maria. Dieses stand in dem heute nicht mehr vorhandenen Kirchlein im südlichen Ortsteil. Dieses Quartier liegt etwas höher als der Hauptteil des Dorfes gegen den Wald hinan.
Diesem Bildnis wurde damals die Kraft zugesprochen, Leichnamen für kurze Zeit wieder Leben einhauchen zu können, um sie so doch noch für die Heilige Taufe empfänglich zu machen. Die tot geborenen Kinder konnten somit durch die eilig vollzogene Taufe vor der ewigen Verdammnis bewahrt und ihre Seele gerettet werden.
Bei diesem., in weitem Umkreis wahrscheinlich einzigartigen Ritual, wurde den Kinderleichen eine Vogelfeder auf den Mund gelegt. Jede noch so unscheinbare Bewegung dieser Feder wurde als aktives Lebenszeichen erkannt, und die Taufe sofort vollzogen.
Dass der Effekt auf keinen Fall ausfiel, wurde der leblose Körper vorgängig erwärmt. Dadurch entstand in der herrschenden Kühle des Chors in der kleinen Kapelle eine Thermik, ein leichter, aufsteigender Luftstrom, welcher vom Kindlein nach oben zog und die feine Feder für kurze Zeit etwas bewegte.
Während der Reformation liess der Kanton Bern die Kapelle niederreissen, weil der Obrigkeit derartige Tricksereien sehr missfielen. Dadurch konnte dieses abergläubische Ritual nicht mehr zelebriert werden und geriet in der folgenden Zeit in Vergessenheit.
Nicht ganz, denn sonst wüsste man heute ja nichts mehr von solchen Bräuchen fehlgeleiteten Glaubens!