Von Röthenbach nach Linden
Marschzeit 3h
Strecke 9.6 km auf 514 m ab 424 m
Karte/n 1:50'000 243T / 244T / 253T
Anforderung:
Das Gebiet nördlich des Thunersees ist eines der reizvollsten Wandergebiete des Schweizerischen Mittellandes. Wohl nicht zuletzt deshalb, weil es weitab der grossen Karawanen-Strassen liegt. Fast alles, was man hier antreffen kann ist irgendwie abgelegen, zu manchen Anwesen führt ein Strässchen, das einfach hinter dem Haus aufhört.
Das Dorf Röthenbach zählt zum Emmental, denn der gleichnamige Bach fliesst bei Eggiwil in die Emme. Ich starte diese gemütliche Wanderung in der Dorfmitte und ziehe parallel zur Strasse nordwärts über Würzbrunnen mit dem malerischen Wallfahrts-Kirchlein und dem eigenwilligen Kafi Schöpfli, in dem auch Sie unbedingt kurz einkehren sollten. Die gesamte Einrichtung ist derart ungewohnt, dass wohl nirgendwo etwas auch nur annähernd Ähnliches existieren kann.
Über Looch gelange ich in das Paradisli, dem dieser Name genau so wenig abzusprechen ist, wie dem im untersten Thurgau. Hier schwenke ich nach links und erreiche dem Waldrand entlang etwas mehr als sanft ansteigend des Restaurant Chuderhüsi. Unter einem weit ausladenden Dach duckt sich ein stattliches Emmentaler-Haus mit stattlicher Terrasse, auf welcher man an sonnigen Tagen Töff- und Radfahrer beim verdienten Zwischenhalt antrifft. Anschliessend steige ich bedächtig weiter hinauf zum Aussichtsturm im Goucherewald. Er gewährt mir einen wunderschönen Blick weit über die ganze Heimat Gotthelfs.
Der Abstieg nach Müliseile erfolgt in einem weiten Schlenker nach Norden und ist dafür weniger stotzig als der direkte Pfad in der Falllinie, dafür ein weites Stück asphaltiert. Anstelle des Weges über die verstreuten Häuser von Egg empfehle ich den Aufstieg im Müliseilewald, von dessen Höhe man nochmals einige Ausblicke über das Tal des Jassbachs erhaschen kann. Als Belohnung für die Anstrengung winkt das Gasthaus in Ringgis!
In Äbersold schwenke ich nach links und überquere die letzte Höhe Churzberg in sanftem Anstieg und entdecke schon bald mein Tages- Ziel Linden, gegen das ich in weitem Zickzack hinabsteige.
Der Emmentaler ist ein typischer Hartkäse und stammt ursprünglich aus dem Emmental - logisch, oder? Schon bald wurde jedoch das Rezept auch von Käsern in der übrigen Schweiz übernommen, was dazu geführt hat, dass er in den übrigen Staaten rundherum fast durchwegs als "Schweizer Käse" bezeichnet wird.
Er wird im Emmental oft noch in genossenschaftlich organisierten Dorfkäsereien produziert und zwar aus Rohmilch in Laiben von 70 - 120 Kilogramm. Typisch für den Emmentaler ausser der schieren Grösse sind seine bis pingpongball-grossen Löcher, die während der Gärung durch das eingeschlossene Kohlendioxyd entstehen.
Häufig rentiert jedoch diese Herstellungsart nicht mehr, denn die grossen Detailhändler und Grossverteiler können mit dieser kleinmaschigen Bewirtschaftung nichts anfangen. Die grossen Käsefabriken bedeuteten für manchen Dorfkäser das Aus, weil dieser die Konditionen nicht einhalten konnte.
Leider gelang es nicht rechtzeitig, den Namen "Emmentaler" rechtlich schützen zu lassen, obwohl die Grundlage dazu schon 1882 im Gesetz für Markenschutz in Europa gelegt wurden. Schon damals produzierten fast alle Länder rund um die Schweiz ihren eigenen Emmentaler. Die Käseunion, welche die Interessen der Käsereien in der Schweiz nach aussen zu vertreten hat, entstand erst 1920 und bemühte sich ofensichtlich erfolglos, das Verpasste nachzuholen. Heute wird der Begriff Emmentaler für verschiedenste Käsesorten verwendet, die im besten Fall noch die Löcher mit dem Original gemeinsam haben.
Da weitere Bemühungen um den Schutz der Herkunftsbezeichnung am Widerstand der Franzosen, Finnen und Holländer scheiterten blieb als geschützte Ursprungsbezeichnung heute nur noch der Emmentaler AOC (Appellation d'origine controllée). Unterdessen wollen die Deutschen "ihren" Emmentaler als "Allgäuer Emmentaler" unter dem Sammelbegriff "Weltgenusserbe Bayern" vermarkten. Allgäuer Emmentaler - welch ein galoppierender Unsinn, könnte man glauben. Aber in unseren Läden liegt auch Schweizer Tilsiter.
Immerhin verwenden sowohl die Bayern als auch die Bregenzer für den Käse ebenfalls ausschliesslich silofreie Rohmilch. Von 12 Litern dieser Milch, auch Heumilch genannt, entsteht ein Kilogramm Emmentaler durch die Fermentierung mit Propionsäurebakterien - früher verwandte man Labferment aus dem Kälbermasten - und CO2. Sind die Löcher nicht schön rund geformt oder von sehr unterschiedlicher Grösse, kann auf eine Fehlreifung geschlossen werden. Dieser Käse ist nicht geniessbar.