Von Plaffeien zum Schwarzsee
Marschzeit 5h
Strecke 14.5 km auf 977 m ab 771 m
Karte/n 1:50'000 253T
Anforderung:
Eine etwas lang geratene Tour führt durch eine in der Ostschweiz eher weniger bekannte Gegend beim Zusammenfluss der Kalten - und der Warmen Sense. Auch die Ortsnamen entsprechen so gar nicht dem gewohnten Wortlaut.
Ich starte in Plaffeien, einem etwas verzettelten Gebilde aus verschiedenen Ortsteilen, die irgendwie gar nicht zusammen gehören wollen. Ein Wanderweg nimmt mich auf bei der äusserst stattlichen Kirche am Tütschbach. Er zieht in südlicher Richtung hinauf zu den Hapferen, dem bescheidenen Skigebiet am Waldrand.
Über ungezählte Bachläufe steige ich weiter am Schnuzbart und den Fuchslöchern vorbei zum Lengen Stutz. Hier habe ich bereits 400 Höhenmeter hinter und unter mich gebracht und verlasse auch bald den ausgedehnten Oberschrotwald. Der Geländekante entlang erreiche ich Lehmas Bärgli und weiter oben Blösch.
Mit zunehmender Höhe weitet sich der Blick in die nähere und weitere Umgebung - wenigstens gegen Norden: Plaffeien liegt tief unter mir, ebenso Plasselb. Schräg vor mir steht der Gipfel der La Berra und jenseits des Tales grüssen die Kaiseregg und andere Gipfel.
In weitem Bogen gelange ich schliesslich auf den ersten der vielen Schwyberge, den Grossen. Anschliessend folgen der Hohe und der Hapferen, etwas unterhalb der Krete steht Schlatters Schwyberg. Also Schwyberge soweit man laufen kann!
Der Abstieg schwenkt kurz vor dem letzten scharf nach links und folgt der Krete eines Schwyberg-Ausläufers fast nach Nordosten. Das bietet die Gelegenheit, die ganze Reihe von Schwybergen aus einer anderen Perspektive nochmals anzuschauen. Gleichzeitig breiten sich die Ferienhaus-Siedlungen im hintersten Tal der Warmen Sense vor uns aus.
Vom Salevorschis schwänzelt sich der Weg immer weiter in den Talgrund und hält zwei Weg-Varianten parat. Ich ziehe das Strässchen zum See vor. Statt lange auf den Bus zu warten, steht beim grossen Parkplatz eine Sommer-Rodelbahn bereit.
Wo heute der kristallklare See liegt, breiteten sich vor vielen hundert Jahren saftige Wiesen aus. Sie gehörten, wie der ganze Talhang, bis hinauf zum Gipfel des Geisserich dem reichen, aber herzensguten Bernhard Riggi. Er war von jederman hoch geachtet und beliebt.
Im Frühjahr, wenn sich die Weiden mit frischem Grün überzogen, zog er mit alle seinen Rindern und Kühen auf die Riggisalp und genoss während des Sommers das Hirtenleben. Seine auserlesenen Hüter schauten gut zu den Tieren, sodass nie eines krank wurde oder abstürzte. Es waren die Zwerge, die sich auch des Nachts um die Tiere kümmerten. Sie halfen beim Melken und Käsen und erhielten als Lohn für ihre Arbeit jeden Abend eine Gebse voll Nidel, die der Riggi für sie unter die Wettertanne stellen musste.
Nur sein Sohn Ubald bereitete dem Bernhard Kummer. Er war finster und verschlossen, und das Hirtenleben behagte ihm gar nicht. Er wollte mit weniger Arbeit höher hinaus. Als Bernhard sein Ende nahe fühlte, rief er nach dem Sohn und rang ihm das Versprechen ab, fortan mit gutmütigem Herz zu den Tieren und Mitmenschen zu schauen.
Ubald hielt sein Versprechen aber nur wenige Jahre. Dann begann er zu jagen und zu wildern. Bei den Salzlecken des Viehs lauerte er den Gemsen und Rehen auf und seine Pfeile durchbohrten gar manch stolzes Tier. Mit der Zeit verschwand das Wild von den Weiden und versteckte sich in den Felsen und Schluchten. Auch die treuen Zwerge vergrämte er, sodass diese die Gegend verliessen. Bald beklagte er kranke und in den Tod gestürzte Rinder, ja sogar die Pest und andere Seuchen suchten die Bewohner heim.
An einem schwülen Sommerabend stieg über seinem Jagdschloss, das er sich auf der Kaiseregg erbaut hatte, ein schlimmes Gewitter auf, Blitze zuckten durch die Wolken und unter den dröhnenden Donnern erbebte die Erde. Reissende Fluten rissen Mensch und Vieh mit sich, und die Kaiseregg stürzte samt Schloss und Ubald in die Tiefe und versperrte dem Wasser den Weg ins Tal. Aus einem Felsloch war ein wütender Dache aufgestiegen, der alles auffrass, was er erlangen konnte.
An der Kalten Sense wohnte ein Einsiedler, zu dem die Menschen eilten, um ihn um Hilfe zu bitten. Mit seinem Kreuz besiegte er den Drachen, der sich mit Gebrüll in den entstandenen See stürzte. Der Fels heisst noch heute Drachenfluh.