Von Weinfelden nach Bernrain (Kreuzlingen)
Marschzeit 4h
Strecke 15.9 km auf 384 m ab 351 m
Karte/n 1:50'000 216T
Anforderung:
Die Landschaft des Thurgaus wird geprägt durch das breite Thurtal und den langgezogenen Seerücken. Über dessen östlichen Ausläufer führt diese Wanderung, also da, wo der Hügel schon etwas flacher ist, und die Anstrengung deswegen nicht allzu hoch.
Beim Bahnhof Weinfelden starte ich und folge den gelben Wegzeichen durch den Kern des stattlichen Dorfes zum Fuss des Ottenbergs, einem kleinen Bruder des Seerückens. Recht stotzig steigt der Weg an der Ruine Neuburg vorbei fast geradewegs zum Stelzenhof. Hier steht eine weit herum bekannte Ausflugsbeiz mit breit gefächertem Angebot, aber für den Zimttag ist es noch zu früh!
Etwas nördlich davon schwenke ich nach Westen und halte mich an die nicht sehr markante Krete, bis ein weiterer Schlenker mich wieder in die voran gegangene Richtung zwingt.
Über Dattenhub gelange ich ins Tal des Chemebachs - früher Kemmenbach! - den ich bei der Ziegelhütte kennen lerne. Hier, im Wald begegne ich verschiedenen Wanderrouten und einem grosszügigen Grillplatz an idyllischer Stelle. Ich ziehe jedoch weiter Richtung Scheidbach und kehre in der dortigen Besenbeiz ein. Jedenfalls wollte ich, aber sie hat nur Freitag bis Sonntag offen - Schade!
Ohne Markierungen wandere ich nach Lippoldswilen, wo ich auf die SchweizMobil-Route Nr 4 stosse, sie aber bei Ellighausen wieder verlasse, um zu den Bommer Weiern zu gelangen. Sie beherbergen eine grosse Schar Vögel vieler Arten, die, an fotografierende Wanderer gewöhnt, nicht weg fliegen.
Quer durch den Sibehau nähere ich mich meinem Ziel, von einem kleinen Schlenker abgesehen, geradeaus bis zur Jakobshöhe an der Hauptstrasse. Hier kehre ich endlich ein, denn mein Magen rebelliert schon seit geraumer Zeit.
Nach der gepflegten Mahlzeit, bewältige ich die letzten Meter zur Bahnstation Bernrain ohne Mühe.
Der Kemmenbach zählt neben der Thur und der Murg zu den Top3 der Fliessgewässer im Kanton Thurgau. Als kleines, unscheinbares Bächlein entspringt er in einem kleinen Sumpf bei der Siedlung Heimenlachen neben der Hauptstrasse von Sulgen nach Kreuzlingen. Bald unterquert er die Bahnlinie und streift eines der vielen Tanklager des Schweizerischen Notvorrats an fossilen Brennstoffen.
Auf ihrem weiteren Lauf gewinnt die Kemme durch viele Zuflüsse an Grösse und schwillt bei starken Regenfällen oder Gewittern rasch zu einem reissenden Fluss an. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sie unterwegs nirgends auf einen grösseren Weier oder See trifft, in dem sie ihr überschüssiges Wasser „zwischenlagern“ könnte.
Im Verlauf der Jahrtausende hat die Cheme, wie sie mundartlich genannt wird, die Topografie der Landschaft deutlich gestaltet, indem sie sich teilweise recht tief in die Sandstein- und Mergelböden eingegraben hat. Durch diese Arbeit ist südlich seines Laufes der Ottenberg vom Seerücken abgetrennt worden, und sie hat sich ihr eigenes Tal erschaffen.
Auf unserer Wandertour begegnen wir in der Nähe von Lippoldswilen auf wenigen Metern gleich zwei ihrer Zuflüsse in einem romantischen Tobel. An dessem unteren Ende, wo das Kemmental wieder weiter wird, grüsst von einem soliden Sandsteinkopf das Schloss Altenklingen. Es wurde von den Freiherren von Klingen um 1200 erbaut und diente als stattlicher Wohnsitz.
Die gesamte Bachlandschaft des Kemmenbachs ist allerdings nicht nur historisch interessant. Hier leben viele, leider selten gewordene, Pflanzen- und Tierarten, wie der Eisvogel oder der Kiebitz. Auch für die Wirtschaft der Anrainer spielte der Bach eine nicht unbedeutende Rolle, wie verschiedene Ortsnamen, wie Grubmühle, Klingenmühle und Mannenmühle, bezeugen. Die Haslimühle entstand in der Mitte des 15. Jrhds. und wurde bis 1861 mit seinem Wasser betrieben.
Die Kemme brachte jedoch nicht nur Getreidemühlen zum Laufen, sie trieb auch Sägewerke an und wurde zur Gewinnung von Elektrizität genutzt. So etwa in den Turbinen der ehemaligen Weberei Grüneck und der einst bekannten Vigogne-Spinnerei in Pfyn, bevor sie sich westlich der Brücke der Strasse nach Kreuzlingen mit der mächtigeren Thur vereint.