Von Wuppenau nach Tobel
Marschzeit 2h30min
Strecke 9.4 km auf 249 m ab 345 m
Karte/n 1:50'000 216T / 217T
Anforderung:
Unzählige Adelsgeschlechter kennt man im Allgemeinen nicht, hat noch nie von ihnen gehört, und trotzdem steht irgendwo auf einem Hügel eine Ruine oder manchmal bloss noch ein paar behauene Steinbollen. So erging es mir bei der Wanderung zur Ruine Heitnau.
Mit dem Postauto fahre ich nach Wuppenau und überquere dann die Hauptstrasse nach Westen. In geschlängelter Linie steige ich hinauf zum Weiler Greutensberg und wechsle dann auf Naturbelag. Der Weg führt weiter aufwärts bis zur Strasse auf der Krete der Höchi. Hier breitet sich die Mulde von Braunau vor mir aus. Es liegt auf er Wasserscheide zwischen dem Maugwiler- und dem Hartenauerbach. Der ältere Dorfteil schmiegt sich ins Wisetaal, aber die neueren Häuser erobern den Gegenhang immer weiter hinauf zur Hohfuri. Ich folge dem Waldrand und treffe wieder auf ein ausgebautes Strässchen am Tobelacker vorbei. Dann durchschreite ich das Dorf mit zwei Kirchen, aber nur einem Friedhof. Wenigstens dort sind wieder alle vereint.
Halb über, halb um den Bruunauer Bärg gelange ich in die nächste Mulde mit Hof und Riethüsli. Dort befindet sich sogar eine Wirtschaft, aber ich habe zu dieser Zeit weder Hunger noch Durst.
Nach ungefähr 200 Metern Strasse zweige ich auf einen Feldweg ab Richtung Waldrand. Ein einfaches Bänkli vor der Wand einer Jagd- oder Forsthütte lädt zur Rast ein, lässt mich jedoch genau in die Sonne blinzeln. Also ziehe ich weiter dem Waldrand entlang.
Bald folgt die Abzweigung zur Ruine des Arnold von Heitnau, der als Truchsess des Grafen Diethelm II. von Toggenburg deren Geschäfte in dieser Gegend besorgte. Viel ist vom einst stolzen Gebäude nicht mehr zu sehen, ebenso findet sich in der Umgebung auch kein Hof oder Dorf mit diesem Namen.
Parallel zum Hartenauer Bach wandere ich auf dessen nördlicher Talseite meinem Tagesziel entgegen. Als erstes treffe ich auf die Johanniterkomturei, die sich unten am Bach etwas abseits der Strasse versteckt. Ein kurzer Besuch der stattlichen Kirche lohnt sich, auch wenn man nicht gerade jetzt heiraten möchte. Die Ökonomiegebäude wurden während Jahren als kantonales Gefängnis missbraucht.
Ich folge dem gurgelnden Wasserlauf und erreiche so problemlos und meist abseits der Strasse die gemeinsame Bahnstation von Tobel und Affeltrangen.
Die Komturei in Tobel existierte von 1229 bis 1809 als Kommende des Johanniterordens und war als solche dem Grosspriorat Deutschland unterstellt. Sie wurde, wie auch diejenige in Bubikon im Zürcher Oberland, von den Grafen von Toggenburg gegründet, und beide liegen an der Pilgerstrasse, die von Konstanz nach Einsiedeln führte.
Die Komturei Tobel liegt am südöstlichen Rand des alten Dorfkerns etwas zurück versetzt am Hartenauer Bach. Ihre Stiftung soll als Sühneakt von Graf Diethelm von Toggenburg für den Brudermord auf der nahe gelegenen Burg Rengerswil südlich von Bichelsee gegründet worden sein. Später sind auch die Burgen von Heitnau und Allenwinden in diese Stiftung überführt.
Zusammen mit den umliegenden Dörfern bildete die Komturei die eigenständige Gerichtsherrschaft Tobel. Vielleicht war dies auch der Grund, weshalb im Jahre 1811 der Kanton Thurgau hier ein kantonales Zucht- und Arbeitshaus, bzw. ein Gefängnis einrichtete. Es wurde erst 1973 aufgehoben, wodurch die Gebäude leer standen und später abgebrochen wurden.
Während der Reformations- und Appenzellerkriege erlitten die Gebäude schwere Schäden. Das Dorf blieb zwar nach den Streitigkeiten um den richtigen Glauben katholisch, aber der Johanniterorden musste ab 1529 in seinem Zuständigkeitsbereich auch reformierte Pfarrer für Gottesdienst und Seelsorge einsetzen. Auch gab es häufig Auseinandersetzungen zwischen der Obrigkeit und deren Untertanen.
Im 18 Jrhd. wurden die während langer Zeit vernachlässigten Gebäude der Komturei umfangreich renoviert. Fortan dienten sie als Unterkunft für die Malteserritter aus dem Adel Süddeutschlands. Anfangs des 19. Jrhds. wurde die Komturei aufgehoben und die gesamte Anlage vom Kanton übernommen, aber das Wappen der Gemeinde Tobel-Tägerschen zeigt noch heute einen Bezug zum Johanniterorden.
1991 versuchte der Kanton, in der ehemaligen Komturei ein Museum für Bauern- und Dorfkultur einzurichten, aber das Projekt scheiterte an den hohen Kosten für die Instandstellung und den Umbau der Anlage. Heute gehört sie der Stiftung Komturei Tobel und dient vorwiegend als PIlgerherberge, sogar mit eigenem Bier.