Von Wil SG nach Schönholzerswilen
Marschzeit 3h30min
Strecke 10.6 km auf 371 m ab 374 m
Karte/n 1:50'000 216T
Anforderung:
Vor Millionen von Jahren war im Grenzgebiet zwischen den Kantonen St. Gallen und Thurgau der Thurgletscher äusserst fleissig. Er hat der Thur ein breites Tal hinterlassen und zu beiden Seiten unzählige Hügel aufgeschüttet.
Einer davon ist der Nollen. Um den zu erreichen, fahre ich mit der Bahn nach Wil. Der Wanderweg lenkt mich mitten durch die enge Hauptgasse der malerischen Altstadt. Durch das Tor auf der Ostseite trete ich hinaus in das Neubauquartier Neulanden, welches sich bis an den Fuss des Nieselberges zieht.
Fast der Falllinie entlang erklimme ich die Höchi, lasse aber den Gipfel rechts neben mir stehen und verlasse den Wald kurz vor den Höfen Gampen und Hölzli. Ganz gemütlich schlendere ich nun abwärts und treffe auf die Strasse, die von Obermörenau herab zur Tiefenwiese führt. Ich verlasse sie jedoch vor diesem Weiler wieder, um mit einigen Schlenkern an den Zuzwiler Dorfbach zu gelangen. Diesem fröhlich gurgelnden Bächlein folge ich bis zum Chellhof und wechsle dort ins Hagebuechtobel bergwärts nach Hosenruck.
Nördlich des Dorfes erhebt sich unübersehbar der Nollen, ein Gupf wie früher im Sandhaufen, aber mit einem riesigen Parkplatz und dem Hotel obendrauf. Dieser Hügel bietet eine traumhafte Rundumsicht bis zu den Gipfeln des Alpsteins. Das seltsame Blechgerüst in Pyramidenform mit einem soliden Betonsockel in dessen Mitte diente früher der Vermessung als Fix- oder Triangulationspunkt. Er musste weithin sichtbar sein, damit er vom Nächstliegenden anvisiert werden konnte. Die Einkehr im gediegenen Restaurant ist anschliessend beinahe Pflicht.
Parallel zur Strasse nach Welfensberg ziehe ich nach der Pause hinab zum Dorf mit dem markanten Kirchturm und weiter ins Tal des Grobenbachs. Heute ist er eher ein Rinnsal, das sich leise plätschernd talwärts bewegt und weiter unten ins Itobel mündet. Dort befindet sich die wenigstens regional bekannte Höhle Bruederloch, gut versteckt in einer bescheidenen Felswand.
Ich verabschiede mich vom Grobebach und laufe zwischen Grobebachholz und Halserwald nordwärts. Beinahe so exakt, dass ich den Kompass danach richten könnte, aber der im Handy korrigiert sich selber.
Am Weiler Wiedenhub vorbei führt mich der Wanderweg hinunter nach Schönholzerswilen. Mitten im Dorf finde ich die Bushaltestelle, die das Ende dieser Wanderung bedeutet.
Gut versteckt im Wald, gute 2km fast genau nördlich des Nollen, liegt das Bruderloch. Wann diese Höhle in die harte Nagelfluh gehauen wurde, und wozu man sie benützte, ist bis heute nicht klar. Auf diesem Nährboden entstanden deshalb verschiedene Sagen und Märchen.
Im Jahre 1924 verfasste der Thurgauer Archäologe Karl Keller-Tarnuzzer einen Aufsatz über seine Forschungen im und zum Bruderloch. Er vermass die Höhle und entdeckte drei grosse Kammern und eine kleinere. Die gesamte Länge der Höhle misst 18 Meter und eine Kammer ist so hoch, dass ein erwachsener Mensch darin aufrecht stehen kann. Aus einer kleinen Öffnung in der Wand quillt Wasser.
Keller-Tarnuzzer, allgemein abgekürzt KKT, fand trotz umfangreicher Recherchen, keine plausible Erklärung, weshalb jemand vor Jahrhunderten mit viel Mühe und grossem Aufwand eine so ausgedehnte Höhle in die harte Nagelfluh hätte schlagen sollen. Er meinte, dass sicher irgendwelche Gefäss-Scherben oder Lebensmittelreste gefunden worden wären, hätte die Höhle als Unterkunft oder Lagerstätte gedient. Ebenso wenig glaubte er an die Heinzelmännchen, die laut einer Sage dort gewohnt hätten. Sie sollen den armen Bauern bei der Arbeit geholfen und ihnen Mahlzeiten zubereitet haben. Ebenso wenig wurde die abenteuerliche Geschichte über einen Eremiten, einen sogenannten Waldbruder, von dem die Höhle ihren Namen hat, niedergeschrieben.
Schliesslich bliebe da noch die Erzählung über den Einsiedler namens Friedrich von Nürnberg, der als Geächteter auf der Flucht in dieser Höhle Schutz gesucht und gefunden haben soll. Später, als Gras über seine Geschichte gewachsen war, habe er auf dem Nollen eine Pfarrei gegründet. Historisch belegen lässt sich auch diese Geschichte nicht.
KKT kam bei seinen Nachforschungen zum Schluss: Eine kultische Bedeutung lässt sich nicht ausschliessen, es ist denkbar, dass in solchen geheimnisvollen Gängen und Kammern heidnische Bräuche und Riten abgehalten wuren, da sich die Teilnehmer den überirdischen Mächten in dieser Umgebung besonders nah gefühlt hatten. Ausserdem finden sich in den Höhlenwänden mehrere sorgfältig gestaltete Einbuchtungen und Nischen, welche durchaus als Altäre gedient haben könnten.
Vermutlich war das Bruderloch aber doch nur ein Unterstand, der bei drohender Gefahr aufgesucht wurde.