Von Neuhausen nach Ellikon a.Rh.
Marschzeit 4h
Strecke 16.7 km auf 335 m ab 375 m
Karte/n 1:50'000 216T oder 1:33'333 Nr. 3329
Anforderung:
Der Abschnitt von Neuhausen nach Ellikon bietet für eine Flusswanderung sehr viel Abwechslung und etliche Higlights. Wer vorher auch gleich noch dem Munot in Schaffhausen seine Aufwartung machen möchte, kann die beiden Tourismus-Schwerpunkte gleich in einem Zug abhaken. So würden es jedenfalls viele Hergereiste tun: Munot und Rheinfall sehen und ... Lassen wir das.
Vom Bahnhof Neuhausen unterquere ich gleich die Geleise und finde mich ohne Übergang am Rheinufer wieder. Dem Wasserlauf folgend gelange ich in wenigen Minuten zur Bahnbrücke unmittelbar beim mächtigsten Wasserfall Europas. Für die Fussgänger ist auf der Brücke auch noch Platz. Schon von hier lässt sich der stotzige Aufstieg zum ehrwürdigen Schloss Laufen mit erlesener Küche erkennen. Die Besichtigung des Wasserfalls ist nicht gratis, lohnt sich aber!
Zwischen Eisenbahn und Ufer zieht sich der Weg weiter. Vom rasant wachsenden Dachsen sieht man hier nichts ausser der Bade- und der Kläranlage. Für kurze Zeit kommt uns die Bahnlinie wieder näher, um sich dann für den restlichen Tag zu verabschieden. Nach dem langgezogenen Rechtsbogen treffe ich auf das Elektrizitätswerk. Aus einem Teil des Wassers wird an der schmalsten Stelle zwischen den Rheinläufen Strom erzeugt. Wenig später zeigt sich das stattliche Kloster Rheinau, das ganz allein die kleine Insel beherrscht. Es beherbergt heute eine Musikschule.
Auf der Landzunge thront das Dorf mit schmucken Häusern. Nach etwa 300 Metern stehe ich vor der ehrwürdigen Holzbrücke mit dem meist verlassenen Zollhäuschen. Wieder folge ich dem Wasserlauf und wieder ist auf der anderen Seite Deutschland. Diese strategische Bedeutung hatte der Fluss wohl schon früher, haben die Römer doch nicht umsonst hier in fast regelmüssigen Abständen Wachttürme aufgebaut. Die Überreste eines solchen stehen knapp oberhalb des Weges, wo eine deutliche Rechtskurve beginnt. Der nächste stand bei der Tössegg, von wo aus man sicher mit diesem hier kommunizieren konnte - irgendwie!
Sobald ich aus dem Wald trete, erblicke ich das fast niedliche Dörfchen Ellikon am Rhein. Unmittelbar am Wasser empfängt mich eine heraus geputzte Wirtschaft. Wer nach der Einkehr noch weiter laufen möchte, kann mit der antriebslosen Fähre am Seil übersetzen, um auf der rechten Seite nach Rüedlingen zu gelangen.
Damit eins an dieser Stelle vorneweg klar gestellt sei, der Rheinfall donnert nicht in Schaffhausen über die Felsen, sondern in Neuhausen! Mit diesem Wissen halten Sie sich potentielle Gewalttäter unter den Einheimischen vom Hals. Im Grunde sind diese jedoch sehr dünn gesät, aber wie sagt doch das Sprichwort: Gefährlich ist‘s, den Leu zu reizen ...
Die Bezeichnung „Grösster Wasserfall Europas“ bezieht sich nicht allein auf die Fallhöhe - da ist noch Luft nach oben, der Dettifoss auf Island ist fast doppelt so hoch - sondern auch auf die Wassermenge. Und da hat der Rheinfall mit einem Schnitt von 380 Kubikmeter/Sekunde eindeutig die Nase, bzw. die Gischt, vorn. Im Sommer fliesst fast doppelt soviel Wasser hinab als im Winter. Dies ist wohl extra für die Wanderer so eingerichtet, denn mit dem Pegelstand steigt auch der Spektakel. Im Jahre 1965 setzte der Rhein die Rekordmarke auf ganz 1250 Kubikmeter, und das sah man nicht nur, man hörte es auch!
Für die im Rhein lebenden Fische ist diese Barriere nicht zu meistern. Lediglich der Aal hat sich einen Trick ausgedacht. Er geht an Land und schlängelt sich dort am Hindernis vorbei. Auch für den gewöhnlichen Menschen ist der Wasserfall nicht zu überwinden, weder auf- noch abwärts. Ist auch verboten, aber die wenigen Waghalsigen sind meist längst verschwunden, bis ein Ordnungshüter am Tatort auftaucht. Die Gefahr besteht zum einen in der Gischt, die keinen Auftrieb ermöglicht, und auch gute Schwimmer ertrinken lässt, und zum anderen in der gefährlichen Wasserwalze unterhalb des Felsens.
Vor etwa 500‘000 Jahren überdeckten die wachsenden Gletscher fast das gesamte Mittelland, und der Rhein floss durch den breiten Klettgau nach Westen. Als die Temperaturen wieder anstiegen, suchte d Fluss sein altes Bachbett wieder und fand es bei Neuhausen. Dort stürzt er heute über sein ehemaliges Ufer und fliesst seit etwa 120‘000 Jahren wie eh und je in „seinem“ Bett Richtung Basel.
Touristisch wird das Naturschauspiel sowohl von den Zürchern (Schloss Laufen) als auch von den Schaffhausern (Schlössli Wörth) vermarket. Eine Spezialität sind wohl die Boots-Fahrten zum Felszahn in der Mitte des Wassers und eine Fahrt im Glaslift hinunter an die Wasserkante und zum Erlebnispfad.