Von Üsslingen nach Andelfingen
Marschzeit 4h
Strecke 16.6 km auf 118 m ab 101 m
Karte/n 1:50'000 216T
Anforderung:
Um sich deutlich vor Augen zu führen, was wir mit der Renaturierung von Fliessgewässern der Natur zurück geben können, sollten Sie die Wanderung entlang der Thur vom ehemals schnurgerade gezogenen Abschnitt unterhalb Üsslingens bis zu den wild ausholenden Schleifen vor Andelfingen unternehmen.
Um Ackerland zu gewinnen wurde der eigentlich noch heute ungestüme Fluss in ein enges Korsett gezwängt. Deshalb ist der Wanderweg auf dem Thurdamm südlich des Bachbettes nicht besonders abwechslungsreich. Immerhin wird die Funktion des Hochwasserschutzes klar. Ausserhalb des Dammes nimmt ein Binnenkanal kleinere Zuflüsse auf und führt sie dem Fluss nur dort zu, wo der Damm ohne Gefahr unterbrochen werden konnte.
Etwa auf der Höhe von Niederneunforn wurden in den letzten Jahren Altläufe wieder ausgebaggert und Kiesbänke sowie Weier angelegt. Hier finden unzählige Pflanzen- und Tierarten eine neue Heimat. Den Ufern entlang gibt es für die Fische wieder fliessarme Kuhlen und Hinterwasser, wo sie sich in Ruhe fortpflanzen können.
Die kurvenreiche Strecke unterhalb der neuen Brücke von Gütighausen, über welche ich die Flussseite wechsle, blieb von der Korrektion weitgehend verschont. Trotzdem wurden die alten Uferverbauungen teilweise durch Kiesaufschüttungen ersetzt. Auf diesen machen sich im Sommer nun sonnenhungrige Badegäste anstelle von Jungfischen breit.
Hoch über meinem Kopf quert die Bahnlinie den fast tobelartig eingeschnittenen Thurlauf. Bei der Renovation der Stahlkonstruktion sollen etliche Kühe auf den darunter liegenden Matten gestorben sein, weil durch das Sandstrahlen bleihaltige Farbreste ins Gras gefallen sind.
Nach der nächsten Bahnbrücke folgen die A4 und gleich daneben die Kantonsstrasse, sowie wenige hundert Meter später die Holzbrücke, über die ich hinauf steige Richtung Kirche mit dem markanten Türmli-Turm und zum Bahnhof.
Der Name des längsten Flusses der Ostschweiz neben dem Rhein soll auf das indogermanische Wort dhu, die Eilende, zurück gehen. Und dies ist sie tatsächlich, vorallem während der Schneeschmelze im Toggenburg und nach Gewittern.
Die Quelle der Säntisthur liegt oberhalb von Unterwasser und fällt erst mal über zwei ansehnliche Wasserfälle im Chämmerlitobel, bevor sie sich mit der Wildhauserthur, die etwas weiter talaufwärts entspringt, vereinigt.
Der Oberlauf, also der Weg bis hinunter nach Bazenheid oder sogar Wil durchfliesst ein abwechslungsreiches Tal. Hier wird der junge Fluss begleitet von häufig begangenen Wanderwegen.
Bei Wil (SG) schwenkt die Thur plötzlich nach Osten, korrigiert diese Richtung jedoch wieder bei Bischofszell, wo sie die Sitter als Nebenfluss empfängt. Der Abschnitt bei Kradolf ist als Besonderheit zu erwähnen, weil das Wasser dort über eine Felsbarriere fliesst, während das restliche Flussbett aus Geschiebe und Ablagerungen besteht, das sie selber oder der Säntisgletscher liegen gelassen hat.
Der weitere Weg bis nach Gütighausen ist durch die Korrektion gekennzeichnet. Der Fluss wurde gerade gezogen und an die eine Seite des Tales versetzt, damit nur auf der anderen ein Hochwasserdamm aufgeschüttet werden musste. An einigen Stellen hat man der Natur allerdings den einst zerstörten Lebensraum wieder zurück gegeben. Dies freut nicht nur die Flora und Fauna, sondern such die interessierten Menschen, die hier Ruhe und Erholung finden. Oder, die mit Feldstecher und Kamera ausgerüstet nach erlebnisreichen Beobachtungen suchen.
Bis zur Mündung in den Rhein bei Ellikon am Rhein legt die Thur fast 135km zurück, davon 68km im Kanton Sankt Gallen, 42km im Thurgau und noch 19km im Kanton Zürich. An normalen Tagen fliessen 47m3/sec Wasser in der Thur, es können jedoch in trockenen Zeiten auch bloss 2.3m3 sein. Der höchste je gemessene Pegel im Mai 1999 betrug ganze 1129m3, was den Begriff „Eilende“ mehr als rechtfertigt.