Von Wellhausen nach Stettfurt
Marschzeit 3h30min
Strecke 11.5 km auf 444 m ab 368 m
Karte/n 1:50'000 216T
Anforderung:
Der Thurgletscher aus dem Säntisgebiet hat wohl den grössten Teil zur Landschaftsgestaltung im Thurgau beigetragen. Verschiedene Moränen durchziehen das Gebiet, so auch der Wellenberg, der das Thurtal gegen Süden abgrenzt.
Von der Bahnstation Felben-Wellhausen starte ich auf dem gut beschilderten Wanderweg und durchquere das Dorf der ganzen Länge nach. Jenseits der belebten Kantonsstrasse steigt er durch das Neubauquartier ungefähr parallel zum tief eingeschnittenen Dorfbach bergwärts.
Ich geniesse die Ruhe des Waldes, die lediglich durch spontanes Rascheln im Laub und einige verschiedene Tierlaute unterbrochen wird. Dabei achte ich jedoch genau auf die gelben Markierungen, denn es zweigen unzählige Strässchen ab, vorallem zu meiner Linken.
Kurz nach einer bescheidenen Lichtung verlasse ich den Bachlauf und passiere den höchsten Punkt auf dem fast flachen Bietehart. Etwas tiefer treffe ich auf das Ende zweier Strässchen, ohne sie jedoch benützen zu wollen. Ich schwenke lieber nach rechts und strebe hinab nach Lustdorf.
Mein Weg durchläuft den Weiler fast exakt nach Süden. An der stolzen Kirche und dem markanten Homberg vorbei gelange ich zum Getschhuuserweier. Genau genommen sind es insgesamt vier Tümpel, die vom Altbach gespiesen werden. Zwischen den untersten zwei quetscht sich das schmale Strässchen hindurch. Die Geräuschkulisse hier unterscheidet sich sehr stark von der oben im Wald. Ich kann mindestens zwei Arten Frösche unterscheiden, und die Vögel zwitschern ganz anders. Sind wahrscheinlich andere!
An der Westflanke des Nordraa treffe ich auf eine Gabelung, zweige nach rechts ab und folge der oberen Geländekante des Immenberges hoch über den Dörfern Weingarten und Kalthäusern. So erreiche ich immer leicht abwärts das Schloss Sonnenberg, das leider kein Restaurant mehr unterhält. Also steige ich auf dem stotzigen Südhang hinunter in die ausgedehnte Siedlung Stettfurt mit dem durch Abwärme von der Hefefabrik geheizten Freibad. Es liegt nur 6 Minuten von der nächsten Bushaltestelle entfernt.
Seit 1242 steht auf dem Hügelsporn über dem Orte Stettfurt ein Schloss namens Sunnunbergh. Bewohnt wurde das stattliche Gebäude von der Familie Sonnenberg von der Reichenau. Ungefähr hundert Jahre später kam die niedere Gerichtsherrschaft durch Heirat an Herrmann IV. von Landenberg. Diese nach aussen scheinbare Idylle wurde um 1407 durch die Appenzeller jedoch jäh zerstört. Im Laufe ihres Krieges gegen alles, was irgendwie mit St. Gallen oder den Habsburgern in Verbindung gebracht werden konnte, niederbrannten und zerstörten. Knappe 40 Jahre später setzten die Schwyzer im Laufe des Alten Zürichkrieges, in dem es um die Vorherrschaft in den Gebieten östlich des Toggenburges ging, nochmals nach und brandschatzten das Schloss noch einmal. Beide Male bauten die Landenberger das Schloss wieder auf. Als innert kürzester Zeit die dritte Zerstörung der Anlage drohte, übernahm Barbara von Knöringen das Szepter auf dem Sonnenberg und konnte einen dritten Brand verhindern.
In der Folge verzichtete das Kloster Reichenau auf die Lehensherrlichkeit, worauf Ulrich von Breitenlandenberg von Altenklingen zusammen mit seinem Sohn die Burg samt Herrschaft übernahm. Sie verpfändeten beides an Frau Anna Ziegler aus Schaffhausen.
So wechselten sich Besitzer und Bewohner in relativ rascher Folge. Immer wieder gelangte das Anwesen in die Hände von Nachkommen früherer Besitzer, bis schliesslich das Kloster Einsiedeln die gesamte Anlage als Gerichtsherrschaft und später als landwirtschaftlichen Gutsbetrieb übernahm. Während dieser Zeit regelte jeweils ein ausgewählter Pater, quasi als Statthalter, die Geschäfte vor Ort.
Erst im Jahre 2007 erwarb der österreichische Financier Christian Baha das Schloss samt dem dazu gehörenden Gutsbetrieb mit 150 Hektaren Wirtschaftsland. Zu diesem zählten Äcker, Wiesen, Wald und auch eine Parzelle Reben. Während er Restaurations- und Umbauarbeiten stiessen die Arbeiter auf Siedlungsspuren, welche auf das 4. Jahrhundert datiert werden konnten. Diese Funde verzögerten die Bautätigkeit um Jahre.