Von Bedretto nach Galleria Bianchi (ob Airolo)
Marschzeit 4h
Strecke 10.8 km auf 985 m ab 416 m
Karte/n 1:50'000 265T
Anforderung:
Auf dieser Route können Sie sich kaum verlaufen, wenn die Höhe von etwa 2000m erreicht ist, geht's eigentlich fast ebenaus Richtung Osten. Obwohl die Strecke mit etwas über 10 Kilometern zu den kürzeren Wanderungen zählt, werden Sie dennoch etwa 4 Stunden benötigen, denn am Anfang steht ein schrecklich steiler Aufstieg in engem Zickzack.
An der Kante des tiefen Einschnittes, das sich der Ri di Bedretto in den letzten Jahrhunderten gegraben hat, steigt der Weg fast in der Falllinie hinauf zum Panoramaweg. Dieser zieht sich vom Nufenenpass her entlang des ganzen Bedrettotales. Darauf wandere ich durch das nun etwas breitere Tobel und gelange so zur Capanna dei Sterli.
Von nun an gibt es kaum mehr Abzweigungsmöglichkeiten. Bei der Traversa di Cavanna treffe ich auf den Weg, der von Villa herauf und dann über den Passo di Cavanna weiter führt. Ich aber überquere den kleinen Bach und daran anschliessend auf dem befahrbaren Strässchen die ausgedehnte Alpe di Vinei. Hier könnte man sich recht einsam fühlen, denn Hütten stehen keine da und viele Wanderer trifft man auch nicht an.
Nach den Bachläufen der Ri di Sorla erreiche ich die terrassenartige Fläche Rosso di Dentro mit zwei länglichen Pfützen. Hier stand einmal die Alphütte, aber heute sind nur noch deren Reste auszumachen. Vielleicht hatte der Ri di Sozz einmal etwas gar viel Wasser? Der neue, und wesentlich grössere Stall steht jedenfalls nicht mehr zwischen den Bächen!
Inzwischen befinde ich mich auf der Alpe di Fieud und erkenne unter mir das hässliche Band der neuen Passstrasse. Weiter unten ist der ganze Talkessel von Airolo voll solcher Strassen: Autobahn, Anschlüsse, Passstrasse und alte Passstrasse. Was haben wir diesem Tal bloss angetan?
Der Ticino durchfliesst vom Nufenenpass her kommend das Val Bedretto, bevor er bei Airolo schon als stattlicher Fluss in die Leventina einbiegt. Der Nufenen führt hinüber ins Wallis und ist mit 2478 m übrigens einer der höchsten schweizerischen Alpenpässe. Ein weiterer Pass im Quellgebiet des Ticino ist der Passo San Giacomo, der aber aus militärischen Gründen auf der Schweizerseite nicht sehr gut ausgebaut ist. Diese Überlegungen stammen noch aus der Zeit des Zeiten Weltkrieges.
Das Bederetto ist rundum von hohen Bergketten umgeben, die dem Tal ein eigenes Klima bescheren. Im Winter fällt häufig sehr viel Schnee, was ebenso häufig zu grossen Lawinenabgängen führt. Deshalb bleiben die Dörfer manchmal tagelang vom Rest der Welt abgeschnitten.
Während Jahrhunderten prägten Vieh- und Milchwirtschaft das Bedrettotal. Die hohe Lage, zwischen 1300 und 1600 müM, lässt kaum Ackerbau zu. Die Erträge der Kartoffel- oder Roggenäcker blieb bescheiden, was viele Junge zwang, Arbeiten im Norden anzunehmen. Sie verdingten sich als Saisonniers und kehrten dann oft gar nicht mehr zurück. Im 20. Jahrhundert, speziell nach dem Letzten Weltkrieg, entvölkerte sich das Tal zunehmend.
Die grosse Hoffnung nach einer Bahnverbindung zum Furka-Basistunnel und damit auf einen bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung wurde herb enttäuscht. Das einst als möglicher Anschluss gebaute Fenster konnte nicht zuletzt wegen massiver, genau gesagt 4facher, Kostenüberschreitung, nicht ausgebaut werden. Deshalb ging die Abwanderung in diesem abgelegenen Tal weiter, und die Gemeinde Bedretto, die fast das ganze Tal umfasst, zählt heute nicht einmal mehr 70 Einwohner. Und diese sind alle im Pensionsalter.
Geblieben ist die eigene Sprache, die ein Mischung darstellt von Deutsch, Italienisch und einem Einfluss des typischen Oberwalliserdialekts. Wenn man die Landkarte genauer betrachtet, fallen einem die sonderbaren Flurnahmen auf, wie Pesciüm,, Löita oder Fieud, von denen man kaum weiss, wie man sie aussprechen soll.