Von Piora nach Piora
Marschzeit 3h
Strecke 9.5 km auf 378 m ab 378 m
Karte/n 1:50'000 266T
Anforderung:
Von Wanderungen an Fluss- oder Seeufern erwarten man eigentlich keine grossen Höhenunterschiede. Um von diesem geheimnisvollen Seelein ein Auge voll mitnehmen zu können, leiste ich mir den kurzen Abstecher.
Die Standseilbahn führt von Piotta nach Piora. Hinauf zum See gibt es ein Strässchen, aber auch einen schmalen Saumpfad. Auf dem zweiten herrscht mit Sicherheit kein Verkehr! Das erste, was ich vom See zu sehen bekomme, hat mehr mit Beton zu tun - es ist die Staumauer.
Ich ziehe am Wegkreuz vorbei und folge dem Fahrsträsschen hinüber zur Alpe Ritom. Der See ist anhand der Spuren dem Rand entlang nur zur Hälfte gefüllt, wobei das wahrscheinlich sehr täuscht, denn mit zunehmender Höhe des Wasserstandes, wächst die Oberfläche.
Bei den Ställen mündet ein Zufluss aus einem Stollen mit Wasser von der Unteralp-Reuss jenseits des Piz Alv. Dieser Wassertunnel ist 7.6km lang.
Nun beginnt der Wanderweg merklich zu steigen, um hinauf zur Kapelle San Carlo zu gelangen. Sie bietet nicht nur einen Ort der Einkehr sondern auch eine wunderschöne Sicht auf den spiegelglatten See und den Wald auf der Südseite.
Fast ebenaus erreiche ich den Weiler Cadagno di Fuori mit einer guten Handvoll Häuschen vor dem Staudamm des Lago Cadagno..
Nach der Pause steige ich über einen Felsenpfad steil hinunter zur Mündung der Murinascia Grande in den Ritomsee. Dann setze ich die Umrundung fort und geniesse den Schatten der Bäume im Wald. Nach etlichen Bachläufen, die ich mehr oder weniger elegant überquere, gelange ich wieder zur Staumauer.
Entweder auf deren Krone oder zu deren Fuss gelange ich zur anderen Seite des Abflusses und nehme dann den gleichen Weg, auf dem ich hergekommen bin zurück zur Seilbahn.
Falls es über den Lago di Cadagno oder über das Gebiet rund um ihn herum eine Sage gibt, was ich annehme, so wird sich die Geschichte sicher um das schwarze Wasser dieses Seeleins im Val Piora drehen.
Ab und zu zeichnet die Sonne am wolkenlosen Himmel silbern blitzende Streifen auf die Wasseroberfläche. Ansonsten zeigt sich diese der forschenden Gruppe abgrundtief schwarz. Sechs Gymnasiasten versuchen nämlich mit ihrem Lehrer den Geheimnissen der Natur nach zu spüren und rudern mit einem Floss Richtung Mitte des mystischen Gewässers. Dort packen sie ihre Plastikflaschen aus dem Rucksack und wollen Wasserproben nehmen. Mit diesen versuchen sie das Rätsel lösen.
„Schon in den Achtzigerjahren sind wir einem Geheimnis auf der Spur“, erläutert der Professor für Mikrobiologie an der Universität Genf, Raffaele Peduzzi. Seither betreiben wir hier an den Gestaden des rätselhaften Sees ein Forschungszentrum. Es solle Wissenschaftlern die Möglichkeit geben, an diesem Objekt zu forschen. Ausserdem sind auch Schulklassen aus dem In- und Ausland, wie die anwesenden Gymnasiasten, willkommen.
Das Wasser des Cadagnosees besteht aus drei Schichten, die sich nicht durchmischen. Die oberste Schicht ist klar und reich an Sauerstoff. Bis zu dreissig Kilogramm Fisch pro Hektare holen die Fischer mit der Angel heraus. Das ist das Sechsfache von dem, was ein „normaler“ Bergsee hergibt.
Darunter liegt die rosa Zone. Sie trennt sozusagen das giftige Tiefenwasser von dem auffallend sauberen Oberflächenwasser. Ihre Oberkante liegt bei etwa 11m Tiefe und reicht bis maximal 13m hinab. In ihr leben zahllose rosarote Schwefelbakterien und beziehen von oben den Sauerstoff und von unter den Schwefelwasserstoff. Sie filtern damit die giftigen Stoffe aus dem Unterwasser und machen dadurch erst das Leben in der darüber liegenden Schicht möglich.
Grosse Mengen Methan und Kohlendioxid sind im Wasser der untersten Schicht gelöst und verhindern jede Form von Leben ausser spezialisierten Bakterien. Sollten diese Gase in grösseren Mengen an die Oberfläche steigen, entstehen auch für die Uferregion grössere Probleme.