Von Paudo (Pianezzo) nach Carabella (Pianezzo)
Marschzeit 3h30min
Strecke 8.7 km auf 575 m ab 897 m
Karte/n 1:50'000 276T / 277T
Anforderung:
Das Umland von Bellinzona bietet viele erlebnisreiche Routen auch mit durchaus schroffen Partien, wie dem Tobel der Morobbia, welche sich ihren Weg vom Passo San Jorio hinunter erodiert hat. Das dürfte auch mit Gletscherhilfe etliche Jahre gedauert haben!
Meine Beinahe-Rundwanderung beginnt in Paudo östlich der Tessiner Hauptstadt, wohin mich der Autobus fährt. Von der Haltestelle steige ich an der Kirche vorbei bergwärts und schwenke schon bald rechts, um der Bergflanke entlang durch den schattigen Wald über ungezählte Bachläufe hinweg nach S. Antonio zu pilgern.
Das malerische Dörfchen klammert sich hoch über dem Talboden an den Hang. Ich lasse meinen Blick schweifen hinaus in die Ebene des Ticino und auf allen anderen Seiten hinauf zu den stolzen Gipfeln, wo die Landesgrenze verläuft.
Dem Sentiero alla Diga folgend ziehe ich nun talwärts zum kleinen Stauseee, welcher sich fast schüchtern zwischen die steilen Flanken duckt. Nach der Überquerung der Morobbia am Fusse der Staumauer begleite ich den Bach auf ein paar hundert Metern, bis der Weg sich in vielen Kehren wieder Richtung Himmel quält.
Ungefähr 300 Höhenmeter später treffe ich auf die Häuser der Monti di Stagno, die sich wie eine Perlenschnur durch die ausgedehnte Lichtung ziehen. Ich grüsse auf der anderen Talseite die Siedlungen Melera, Melirolo, Carmena und das bekannte San Antonio.
Etwas weiter westlich liegen an meiner Route die Weiler Monti di Cartara und Monti di Verona. Ob Letzterer etwas mit der bekannten Stadt in Italien, wo Romeo und Julia zu Hause gewesen sein sollen, zu tun hat, ist mir nicht bekannt.
Inzwischen habe ich schon etliche Höhenmeter vernichtet, und der Weg senkt sich weiter recht stotzig abwärts bis zur Brücke über die Morobbia. An der nördlichen Talseite kleben Carabella und Pianezzo auf sonnenbeschienen Terrassen, und dort finde ich auch meine Busstation für die Rückfahrt nach Bellinzona.
Die Morobbia entspringt in der Buco di Giumello an der Ostflanke der Cima Pomodoro auf etwa 1850 müM, wo ganz sicher keine Tomaten gedeihen. Die Grenze zu Italien ist nicht weit entfernt.
Schon wenige Meter unterhalb der eigentlichen Quelle erhält der junge Fluss Zuwachs durch etliche Bäche hauptsächlich von rechts. Dann stürzt sie sich über steile Felsen hinab in die Alpe Valetta, bevor sie dann wieder in nördlicher Richtung das gleichnamige Tal durchfliesst.
Nach knappen zwei Kilometern, bei der verlassenen Siedlung Mti. di Ruscada liegen die Ruinen der Forni Vecchi, der alten Öfen aus der Zeit der Eisenbergwerke. Hier mündet auch ein stattlicher Bach vom Passo San Jorio, und das Tal wendet sich gegen Westen. Es heisst jetzt Valle Morobbia.
Rechtsseitig liegt weit oben das Dorf Carena, das während der industriellen Blütezeit so etwas wie den Hauptort des Tales bildete. Dann folgt der Lago di Carmena, ein Stausee, der 1884 Strom für die Gotthardbahn-Gesellschaft liefern sollte. Genutzt wurde er jedoch nicht. Das erste Kraftwerk nahm nach der Jahrhundertwende seinen Betrieb auf, lieferte die Energie jedoch an die Stadt Bellinzona für Beleuchtungszwecke und die lokale Industrie.
In der Mitte des 20. Jrhds. war die Anlage allerdings derart veraltet und in einem desolaten Zustand, sodass ein neues Werk geplant wurde. Inzwischen war ja auch der Bedarf an elektrischem Strom enorm gestiegen. 1972 wurde die Bogenstaumauer mit dem erneuerten Kraftwerk in Betrieb genommen. Die Anlage weist ein einzigartiges Detail auf: Der Grundablass und der Einlass in den unterirdisch verlaufenden Druckstollen liegen in einem gemeinsamen Bauwerk am Fusse der Mauer.
Die Morobbia erhält das zur Stromgewinnung abgezweigte Wasser bei Pianezzo wieder zurück und mündet nach 2km in den Ticino.