Von Piora Stn. nach Airolo
Marschzeit 2h30min
Strecke 7.5 km auf 210 m ab 854 m
Karte/n 1:50'000 266T
Anforderung:
Wem ist sie nicht schon aufgefallen, die Druckleitung, welche sich vom Lage Ritóm herunter ins Tal des Ticino stürzt? Parallel dazu fährt die Seilbahn von der Zentrale Piotta auf fast 1800müM. Die Stufen der Treppe neben den Geleisen habe ich nicht gezählt!
Von der Bergstation Piora klettert der Wanderweg in mehreren Kehren über das bedrohliche Felsband und zieht dann in westlicher Richtung hinauf zum höchsten Punkt der Route auf dem Piano Verde knapp unter der Baumgrenze.
Nach einer guten halben Stunde erreiche ich, immer leicht abwärts laufend, die Alphütte Pian Töi. Dann beginnt der Weg an zu schlingern. In wilden Kurven senkt er sich hinab ins Valle di Büi, weicht dann jedoch, statt dem Bachlauf zu folgen, einer gfürchigen Enge aus zur äusserst abgelegenen Siedlung Ce di Fuori und etwas weiter zu den Häusern von Böcc da Ce.
Nach dem deutlichen Schlenker nach links geht’s nun wirklich abwärts. Nur die gerade Falllinie wäre noch ein bisschen steiler! An der einsamen Hütte Tecc vorbei verläuft der Weg über die Lichtung Valdonia und schwenkt dann hinüber auf die andere Seite des Tobels, wo ich zwei weiteren Hütten begegne.
Je tiefer ich gelange, desto weiter entferne ich mich vom wilden Rauschen des Baches und treffe unten am Waldrand auf ein Strässchen, auf dem ich nach Madrano weiter ziehe. Hier begene ich der Route 6 von Schweiz Mobil und folge dieser zur Brücke über die Canaria.
Auf der gegenüber liegenden Seite liegt auf einer wunderschönen Terrasse das Dörfchen Valle, das im Verlauf der Zeit zum Aussenquartier von Airolo geworden ist. Durch die locker gestaltete Neubausiedlung unterhalb eines massiven Schutzwalls am Riale del Dragone und weiteren Verbauungen weiter westlich, gelange ich zum alten Kern von Airolo. Bevor ich mich dem stattlichen Bahnhof zuwende, durchquere ich den Ort auf der alten Hauptstrasse. Es ist auffallend ruhig auf der ehemaligen Einkaufsmeile. Der Verkehr hat sich auf die Autobahn verzogen, von der die Passstrasse sich über ein äusserst aufwendiges Bauwerk verabschiedet. Das Dorf Airolo spielt keine Rolle mehr!
Wer von der Gotthard-Pass-Strasse auf den Ort am oberen Ende der Leventina hinunter schaut, wundert sich wahrscheinlich, was der Mensch in den vergangenen Jahrzehnten aus dem ehemals wahrscheinlich paradiesisch anmutenden Dorf gemacht hat!
Schon Jahrhunderte vor unserem Kalender lebten am oberen Ende der Leventina Menschen, wie ausgegrabene Spuren und Gegenstände belegen. Bereits damals spielte der Verkehr über den Gotthard die entscheidende Rolle, auch wenn die Eingriffe in die Landschaft noch bescheiden waren. Die Säumerei mit Maultieren über den Pass und durch die Schöllenen garantierte einen bescheidenen Lebensunterhalt. Allerdings verloren viele Säumer auf der gefährlichen Route ihr Leben.
Das älteste amtliche Zeugnis einer Siedlung mit dem Namen Orriolo stammt aus dem Jahre 1210. Im 14. Jrhd. hiess der Ort bereits Oirolo oder Ayrolio, was schmale Kante oder Rand bedeutet. Auch die erste katholische Kirche Santi Nazario stammt aus dieser Zeit. Der heute noch stehende Bau wurde jedoch erst 1879 erbaut, weil ein Feuer das bestehende Gotteshaus vollständig zerstört hatte. Der Turm zeigt typisch romanische Elemente.
Im Jahre 1882 fuhr der erste Zug durch den Gotthard-Tunnel. Mit der Bahn starb der Beruf der Säumer aus, aber viele Arbeiter fanden beim Unterhalt der Fahrzeuge und der Infrastruktur der Eisenbahn einen neuen Arbeitsplatz. Zum Schutz des Tunnels und der damals modernen Strasse durch die Tremola entstand oberhalb des Dorfes ein wichtiger Waffenplatz mit den Festungen Bartola, Airolo und dem Fort Hospiz mit dem bekannten unterirdischen Spital.
Kurz vor Beginn des 20. Jahrhunderts zerstörte ein Bergsturz einen Teil des Dorfes, das immerhin fast 4000 Einwohner zählte. Die in den folgenden Jahren erstellte Schutzmauer versieht noch heute ihren Dienst. Nach einem verheerenden Lawinenniedergang 1951 wurde sie durch zahlreiche Lawinenverbauungen ergänzt.
Der Strassentunnel aus dem Jahre 1980 vermag den heutigen Autoverkehr nicht mehr bewältigen, weshalb zur Zeit die Arbeiten an einer zweiten Röhre laufen.