Von Motta nach Post
Marschzeit 2h30min
Strecke 5.3 km auf 393 m ab 494 m
Karte/n 1:50'000 276T
Anforderung:
Eine Wanderung entlang der Verzasca mit ihrem fantastisch klaren, grün und blau schimmernden Wasser, das rauschend über Steine und gewaltige Felsbrocken fliesst, ist äusserst reizvoll. Ebenso reizvoll, nur anders, ist die Wanderung auf dem Höhenweg auf schmalem Pfad über Wiesen durch lauschigen Wald und entlang steiler Felsen.
Ich verlasse den Bus am südlichen Dorfrand von Motta und steige gleich in engem Zickzack einer wasserlosen Rinne entlang hinauf zum Piantagione dei Valdell. Auf etwa 800 müM. wird’s dann etwas flacher, und ich kann hinunter gucken in die Talsohle, wo sich das nasse Band nach Südosten zieht. Auf der Gegenseite erheben sich stolze Gipfel, wie Madom da Sgiof und Pizzo d’Orgnana.
Unterwegs treffe ich auf ein paar verstreute Rustici im bekannten Baustil. Mir scheint, dass nicht alle bewohnt sind - nicht einmal zweitweise. Nach einer halben Stunde und weiteren fast 200 Höhenmetern gelange ich zum kleinen Weiler Revöira. Rund um die Häuser wurde eine Waldlichtung gerodet, aber sehr fruchtbar dürfte die Erde an diesem Ort kaum sein, auch wenn der nächste Bach nicht weit entfernt ist.
Auf dem steilen Abstieg begegne ich einem Wegkreuz. Das Leben hier oben dürfte schon immer sehr beschwerlich gewesen sein, sogar der Weg hinauf barg Gefahren, weshalb bis nach Lavertezzo weitere 4 Kreuze Schutz versprechen.
Der Ort Lavertezzo, der auf einigen Karten auch Sambugaro genannt wird, liegt schon etwas tiefer, als das Dorf Motta ganz am Anfang. Gleich unter dem Flecken überquert der Ponte dei Salti die Verzasca. In etlichen Schlenkern nähere ich mich zügig dem Talboden und schliesslich erreiche ich die Häusergruppe an der Hauptstrasse. Hier rasten meist viele Touristen und verpflegen sich in der Regel fast oder schlecken eine Glacé vom Kiosk.
Auf der Strasse überschreite ich einen Nebenfluss und steige dann nochmals bergauf. Von dort oben zeigt sich der Tourismus-Hotspot in einer eher ungewohnten Perspektive. Bei den südlichsten Gebäuden des Ortes Rancone trete ich an zum letzten Abstieg der Route.
Durch lichten Kastanienwald gelange ich wieder auf die Strasse und folge dieser, bis ich nach wenigen Minuten in Poss auf die Bushaltestelle stosse.
Die Gemeinde Lavertezzo liegt im Verzasca-Tal, ungefähr 2km nördlich des Vogorno- Stausees. Das Gebiet gehört mit Riazzino unten in der Magadinoebene zum Bezirk Locarno.
Anfangs des 21. Jrhds. verhinderte eine Volksabstimmung den Zusammenschluss aller kleinen und winzigen Gemeinden im Valle Verzasca und am Nordrand des Piano di Magadino. Für eine längere Zeit dürfte dies der letzte Versuch einer Talfusion gewesen sein, denn derartige Volksbefragungen gab es in der Vergangenheit schon mehrfach.
So sah es jedenfalls aus bis 2018. In diesem Jahr wurde im Kanton eine neue Gesetzgebung in Kraft gesetzt, die es den zustimmenden Gemeinden erlaubte, einfach ohne die anderen zu kooperieren. 2020 wurde die Teilfusion erfolgreich eingeführt.
Lavertezzo gilt heute als beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen entlang der Verzasca aber auch in deren Seitentäler, wie das Val Carescio, das Val Pincascia, das Val d’Agro und auf der westlichen Talseite das Val Orgnana. Die markierten Wege führen vorbei an malerischen Weilern, die häufig aber nicht mehr während des ganzen Jahres bewohnt sind, und am Ende dieser Täler befinden sich über 2000 Meter hohe gut zu besteigenden Berggipfel.
Weltweite Berühmtheit erlangte Lavertezzo allerdings mit der Ponte dei Salti, einer keck geschwungenen Fussgängerbrücke über die Verzasca. Die beiden steinernen Bögen wurden im 17. Jrhd. erbaut und stehen heute als bedeutendes Kulturgut unter Denkmalschutz. Die beiden Salti (Sprünge) haben eine lichte Weite von je 14 Metern, und der Fussweg folgt der gewölbten Form der Bögen. Diese Bauart ersparte nicht nur eine Menge weiterer Steine, sondern auch viel Gewicht. Die Brüstungen zu beiden Seiten sind absichtlich recht niedrig gehalten. Einmal wieder, um Gewicht zu sparen, zum anderen aber auch, um Eseln mit aufgepackten Säcken ausreichend Platz zu gewähren.
1868 stürzte der als Widerlager dienende Felskopf am rechten Flussufer ein, weil er vom Wasser unterspült worden war. Ein massiver Eisenträger ersetzte Jahre später das Holzprovisorium, sah jedoch scheusslich aus. Folglich wurde auch dieser 1960 ersetzt durch einen authentischen Steinbogen, was der Brücke ihr ursprüngliches Aussehen zurück gab.