Von Stabbio (Arvigo) nach Santa Maria in Calanca
Marschzeit 3h
Strecke 6.4 km auf 557 m ab 898 m
Karte/n 1:50'000 277T
Anforderung:
Von Bellinzona fahre ich mit dem Postauto zuerst der San Bernardino Route entlang bis Grono und steige dort um ins Calancatal. An einem Stausee der Calancasca und an mächtigen Granit-Steinbrüchen vorbei tauche ich ein in eine beinahe vergessene Welt. In Arvigo wechsle wir vom Auto auf eine Seilbahn, welche mich gemütlich und Kräfte sparend fast 500 Meter hinauf führt nach Stabbio. Dieser Weiler liegt etwas abseits, gehört aber zum Dorf Braggio ein paar hundert Meter weiter nördlich.
Nun starte ich zur eigentlichen Wanderung, die mich Richtung Süden nach Mezzana führt. Die typischen Häuser aus rau behauenem Granit reihen sich an die Strasse, wie die Perlen auf die Schnur. Der Weg hat nun von einem Strässchen zu einem Pfad gewechselt und bedient auch die Häuser von Ör und etwas weiter "hinten" Refontana.
Von nun an wird der Weg steiler, aber schattiger. Durch den Wald steige ich empor an zerfallenen Hütten vorbei zur Lichtung bei Polagé. Hoch über mir grüsst zu meiner Rechten der markante Gipfel des Piz die Renten mit seinem langen Ausläufer, dem Mottan. Unter diesem steht einsam auf einer Waldlichtung die Kapelle Sant'Antoni de Bolada. Sie lädt mich ein zu einer Pause und zum nachdenklichen Innehalten.
Mit ihr habe ich den höchsten Punkt der Route überschritten, das heisst: Von nun an geht's bergab, und wie! Über die Pian di Scignan erreiche ich den Bosch del Ross, wo ich den Kretenweg verlasse und nach links schwenke. Schon bald erspähe ich die Häuser von Bald - ebenfalls mit einer Kapelle - und kreuze das Strässchen dem ich weiter unten nochmals begegnen werde.
Schliesslich erreiche ich das fantastisch gelegene Dorf Santa Maria in Calanca. Die Häuser sind lediglich über mehr oder weniger schmale Gassen zugänglich. Strassen hat es kaum dazwischen, und manchmal hat man den Eindruck, dass jedes Gebäude das darüber stehende stützen muss. Auffallen muss jedem Besucher jedoch die wunderschöne Kirche, die fast die Ausmasse einer Kathedrale hat. Sie ist eingefasst in eine solide Mauer und überstrahlt von ihrer Felsnase das ganze Tal. Von hier fahre ich wieder in etlichen engen Kehren hinunter nach Grono.
Dies ist der volle Name der katholischen Kirche, welche auf einem kleinen Hügel hoch über dem Calancatal und dem Valle Mesolcina thront. Das dazu gehörende Dorf heisst Santa Maria in Calanca, weil es mehrere Dörfer mit diesem Namen gibt. Gleich neben der Kirche steht der Turm von Santa Maria.
Obwohl die Kirche erst 1219 in einer Urkunde erstmals erwähnt wurde, gehen die Fachleute davon aus, dass bereits im ersten Jahrtausend ein oder mehrere Vorgänger an dieser Stelle gestanden haben muss. Nach mehreren Renovationen mit nachfolgenden Neuweihen wurde 1606 das Kirchenschiff in der heutigen Form erstellt. Die Empore folgte etwas später.
Der nach hinten schmaler werdende Grundriss des Schiffes ergibt beim Eintritt durch das Hauptportal einen interessanten perspektivischen Effekt: Die Wände verlaufen scheinbar exakt parallel, was sie jedoch nicht sind! Zugemauerte Fenster mit typischen Spitzbogen, sowie der Turm auf der Nordseite, deuten auf ein gotisches Mauerwerk. Vorhalle und Seitenportal wurden später angefügt.
Die reichhaltig mit Malereien verzierte Kassettendecke mit geschnitzten Rosetten stammt aus der Zeit der Renaissance, und die Decke über dem quadratischen Chor ist etwas jünger. Die auf den Gesimsen sitzenden, wohlgenährten Putten tragen die Wappen von Calanca, des Grauen Bundes (Vorläufer von Graubünden), des Ortes Grono und San Vittore.
An jedem Ende des Kirchenschiffes stehen je ein Altar. Im Süden ist dies ein zweigeschossiger Rosenkranzaltar von 1512 und im nördlichen hängt ein relativ junges Kruzifix aus dem frühen 18. Jahrhundert.