Von Bex nach Aigle
Marschzeit 3h
Strecke 9.8 km auf 588 m ab 489 m
Karte/n 1:50'000 272T
Anforderung:
Diese fast Panorama-Wanderung führt über den nördlichen Hang des Unterwallis, das hier aber nur dem Gefühl und dem Auge nach zum Wallis gehört. Diese Seite des Rhônetals zählt politisch zum Kanton Waadt.
Der Name Bex ist vielen noch aus der Primarschulzeit bekannt, weil hier Tafelsalz aus dem Berg gewonnen und wie das Salz aus der Region Basel aus dem Untergrund geschwemmt wird. Der bergmännische Abbau mit Meissel und Hammer ist nicht mehr zeitgemäss.
Dort, also in Bex, wechsle ich von der SBB auf eine schmalspurige Bahn der TPC, der Transports public du Chablais. Mit dieser fahre ich die kurze Strecke erst durch den alten Kern des Ortes Bex und dann dem Lauf des Avençon entlang nach Le Bévieux.
Hier startet meine Wanderung, die auf der Höhe der Salinen den Bach überquert und in weitem Bogen zum Ort La Forêt hinauf zieht. Durch den Rebhang führt der Weg hinein in die tiefe Kerbe der Gryonne, wo eine weitere Salzmine existiert. Ich wende mich vorher nach Süden, um an das
Wasser abzusteigen.
Auf der anderen Seite erklimme ich durch die Reben die Geländekante mit den zerstreuten Häusern von Antagnes. Die Höhe bietet einen fast unerwarteten Ausblick auf die Rhône und die ausgedehnten Industrieanlagen von Monthey. Den Blick zurück auf Bex verwehrt uns der Rest einer Moräne des Rhônegletschers.
Weiter nördlich treffe ich eine der vielen Strassen nach Ollon, die ich aber bald wieder gegen einen wunderschönen Rebweg tausche. Dieser führt mich auch nach Ollon, dessen neue Quartiere sich auf dem Schwemmkegel eines nicht mehr sichtbaren Baches ausbreitet. Durch den alten Ortskern geht‘s aufwärts wieder in die Reben und danach in den Bois de la Glaive, der hier furchtbar steil gegen die Ebene abfällt.
Nach einer guten Viertelstunde sehe ich unter mir das Dorf Verchiez und eine Bahnlinie, welche hier eine 180°-Schleife vollführt, bevor sie in einem Tunnel verschwindet. Diese Bahn gehört ebenso zu den TPC, aber sie fährt wo anders hin, nämlich nach Les Diablerets. Sie nimmt mich ab der Haltestelle in neckischen Schleifen mit durch eine abwechslungsreiche Gegend nach Aigle, obwohl es auch einen Fussweg gäbe!
Aigle bedeutet auf deutsch Adler, der Bezirkshauptort hiess früher auf deutsch jedoch Älen, aber diese Bezeichnung wird heute nicht mehr gebraucht. Hingegen sind die Bewohner dieses malerischen Städtchens Les Aiglons.
Zu Aigle gehört nicht nur das Städtchen mit seinen engen Gassen und der Bahnlinie mitten durch, sondern auch ein stattliches Schloss und das ehemalige Kloster gleich daneben etwas ausserhalb in den Reben, sowie ein ausgedehntes Industrie- und Gewerbegebiet. Neben Weinhandlungen, Holzverarbeitungs-Betrieben könnte man die pharmazeutische Fabrik Zyma sowie einen Betrieb des eidgenössischen Rüstungskonzern Ruag erwähnen.
Daneben hat aber noch immer die Landwirtschaft ihren berechtigten Platz, auch wenn sie sich sehr einseitig auf den Weinbau spezialisiert hat. Nur in der flachen Ebene der Rhône treffen wir auf Acker- und Gemüsebau. Die Frostwirtschaft dient hauptsächlich der Erhaltung der wichtigen Funktionen des Waldes als Schutz vor Steinschlag und Lawinen.
Als Bezirks-Zentrum verfügt Aigle über ein Gericht, ein Regionalspital und ein Eidgenössisches Zeughaus. Letzteres wird nicht mehr lange erhalten bleiben, musste doch auch die Idee eines Panzerwaffenplatzes in der Rhône-Ebene begraben werden. Hingegen steht seit 2002 der Sitz des Internationalen Radsport-Verbandes UCI in Aigle.
Aigle spielte aber schon zur Römerzeit eine nicht unwichtige Rolle als Umschlag- und Versorgungsplatz an der wichtigen Heeres-Strasse vom Grossen St. Bernhard über Viviscus (Vevey) nach Aventicum (Avenches). Von dieser Zeit zeugen noch einige Überreste einer Villa, eines Gebäudes mit erhaltenen Mosaiken sowie eines Aquädukts. Dies sind Brücken, über welchen nicht Pferde mit Wagen fuhren, sondern eine Wasserleitung. Das ersparte riesige Pumpen, die man damals sowieso nicht bauen konnte.
Die erste urkundliche Erwähnung Aigles, dessen Bezeichnung wohl auf den althochdeutschen Vornamen Agil zurückgehen dürfte, ist gute 800 Jahre alt. Seit ausgangs des 11. Jahrhunderts ist auch eine Adelsfamilie „d’Aigle" bekannt, von der eine Burg erbaut wurde, welche später den Grundstock für das noch heute stehende Schloss bildete.