Von Ovronnaz Chapelle nach Grugnay
Marschzeit 3h
Strecke 8.5 km auf 323 m ab 898 m
Karte/n 1:50'000 272T
Anforderung:
Die Salentse, welche im unteren Wallis der Rhône zufliesst, hat kurz vor der Mündung einen gewaltigen Trichter geschaffen, dessen schroffe Felswand der Ardève wohl eindrucksvolle Geschichten erzählen könnte. Da hinauf führt mich diese Wanderung, vielleicht ist der Fels von oben noch furchteinflössender?
Mit dem Postauto fahre ich von der Rhône hinauf nach Ovronnaz und steige bei der Kirche ungefähr auf der Höhe des Thermalbaldes aus dem Bus. Der Wanderweg führt noch Osten und durchquert unterhalb Chavalley den Ort. Bei Les Dzardis treffe ich auf die deutlich sichtbare Abrisskante des riesigen Erosions-Trichters und folge ihr in weit gespanntem Bogen zur Pointe de la Lacha.
Der Blick in die Tiefe lässt mich erschauern, es sind doch fast 300 Meter! Noch höher liegt der „Gipfel“ L’Ardève, den lässt der Weg aber aus. Etwa 200 Meter weiter gibt’s jedoch noch einen Punkt hart am Abgrund, den lasse ich mir nicht nehmen, denn dort reicht das nackte Gestein bis hinab auf 800müM.
Zurück auf dem Wanderweg ziehe in etlichen weiten Kehren durch den Wald über den Rücken Dzeu du Vuargne hinab Richtung Losentse, wie die „Schwester“ der Salentse genannt wird. Dabei kehre ich immer wieder nahe an die Geländekante, aber die Felspartie ist hier durchsetzt mit einigen Flecken Wald, und wirkt daher nicht mehr so gfürchig.
Auf der Gegenseite des Nachbartales dehnt sich das Häusermeer von Chamoson aus. Zwischen den Häusern gedeihen auf unzähligen Parzellen Reben. Die Beeren sind schon bald reif für die Lese, aber das sehe nicht von hier oben.
Auf halbem Weg treffe ich in ausgedehnten Waldlichtungen auf einsam gelegene Hütten, bevor ich zur Siedlung L’Ardève gelange. Sie haben richtig gelesen: L’Ardève! Da waren wir doch schon. Die Häuser tragen den selben Namen wie der höchste Punkt oben an der Felswand, wäre etwa gleich, wie wenn die Schwägalp auch Säntis hiesse.
Nach einem letzten Schlenker erreiche ich Grugnay, das zu Chamoson gehört und vom gleichen Autobus bedient wird.
Die Drance, welche aus dem Val d’Entremont viel Geschiebe angeschwemmt und einen breiten Schuttkegel gebildet hat, bot den Römern zu Cäsars Zeiten Platz genug für einen wichtigen Stützpunkt: Octodurum. Dieser keltische Ausdruck könnte „acht Tore“ bedeuten, ist jedoch nicht sicher geklärt.
Später, als Kaiser Claudius das heutige Wallis zu einer eigenen Provinz Vallis Poenina erklärte, wurde der Ort in Forum Claudius Vallensium umbenannt. Als im 4. Jahrhundert die Siedlung aufgegeben wurde, und die Bevölkerung in eine jüngere in unmittelbarer Nachbarschaft umzog, erhielt diese den Namen Martiniacum, was vermutlich mit dem damaligen Grundbesitzer des Areals zusammen hängt. Die heutige Bezeichnung Martigny geht zurück auf das Jahr 1058.
Anfänglich residierten im Ort die ersten Bischöfe des Tales und standen unter dem Schutz des Hauses Savoyen. Als jedoch die sieben Oberwallis Zehnden, die selbständigen Talschaften, im 15. Jahrhundert das Unterwallis erobert hatten, wurde Martigny der Landvogtei St-Maurice einverleibt. Die Nachsicht der Grafen von Savoyen und des Bischofs von Sitten erlaubten dem ganzen Tal, ihre Lokalbehörden zukünftig selber zu bestimmen.
Das Jahr 1800 marschierte die französische Italienarmee unter Napoleon Bonaparte auf dem Weg nach Mailand durch die Stadt. Sie umfasste 40’000 schlecht ausgerüstete Soldaten, die schon seit Monaten keinen Sold mehr bekommen hatten, aber der Oberbefehlshaber versprach ihnen Ruhm, Ehre und Reichtum in der zu erobernden Poebene. Dadurch, und mit einer eigenen Armee-Zeitung, gelang es ihm, die Moral wieder zu heben und die gegnerischen Heere. Italiener und Österreicher, zu schlagen.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts war Martigny das Zentrum der Auseinandersetzungen zwischen den Schweizerischen Liberalen und den Konservativen, die von den Letzteren gewonnen wurden. Trotzdem ist Martigny bis heute eine Bastion der Freisinnig-Demokratischen Partei und dies im mehrheitlich konservativen Wallis.