Von Bini (Savièse) zur Pont Rouge (Tripon)
Marschzeit 2h30min
Strecke 8.2 km auf 288 m ab 326 m
Karte/n 1:50'000 273T
Anforderung: Schwindelfreiheit
Im weit verstreuten Häusergewirr von Savièse liegt das Restaurant Chalet Binii unterhalb des Weiers Motone. Eine eigene Bushaltestelle gehört ebenso zum Service wie ein riesiger Parkplatz. Eine kurze Einkehr vor dem Start füllt die Flüssigkeitsreserve für den Aufstieg nach Brac, weit hinten im engen Tal der Morge.
Nach etwa sieben Minuten schwenke ich nach rechts und folge einem Wasserlauf zum Pt. 1050 mit dem Namen Motone, wo viele Gräben aufeinander treffen. Mein Weg zieht nach Westen und folgt einem Strässchen, das nach weiteren zehn Minuten seine Richtung wieder abrupt wechselt. Über die Bisse de Dejour und eine Strasse erreiche ich ein Hangmoor bei Le Pradante und bald darauf die markante Geländekante mit der Kapelle der Heiligen Marguerite und der Buvette des Vouasseurs.
Nach kurzer Einkehr mache ich mich wieder auf die Socken und begegne der Ancien Bisse de Savièse, welcher ich nun bergwärts folge. Obwohl der Kanal durch äusserst unwegsames Gebiet mit Felswänden und tiefen Runsen verläuft, ist der Weg leicht zu begehen. An einigen Stellen sollten Menschen mit Höhenangst allerdings nicht in die Tiefe blicken!
Etwas weiter hinten im wilden Tal steht die Kapelle Notre Dame du Torrent Neuf. Hier kann ich dem Herrgott danken, dass mir auf der bereits bewältigten Strecke nichts Schlimmes passiert ist, und bitten, dass ich auch das noch fehlende Stück heil überstehe.
Nach wenigen Minuten treffe ich auf die Fälle von zwei Wasserläufen, welche sich über die stotzigen Felsen stürzen. Beim südlichen erlaubt sich der Weg, sozusagen durch die Gischt hindurch zu führen. Weiter nördlich liegt recht abgelegen, abseits des Wanderwegs, die Bergwirtschaft Brac. Die währschafte Mahlzeit kommt wie gerufen, auch für den weiteren Abstieg zum Pont Rouge. Von unten erscheint mir der obere Weg noch grauslicher.
Auf der anderen Talseite gelange ich schon bald hinauf zur Sanetsch-Strasse, wo mich bei der engen Kurve das Postauto aufnehmen soll. Der Fahrplan enthält jedoch grosse Lücken, es empfiehlt sich, ihn sorgfältig zu studieren.
Im frühen 15. Jhd. wurde hoch oben im Tal der Morge eine Wasserfassung gebaut, um die tiefer gelegenen Rebhänge mit dem dringend nötigen Nass zu versorgen. Dieses floss bis 1934 durch einen etwa acht Kilometer langen Kanal hinunter nach Savièse. Anfangs dieses Jahrhunderts wurde der inzwischen verfallene Abschnitt durch die Felswände der Morge-Schlucht rekonstruiert und zusammen mit dem gleichzeitig erstellten Wanderweg der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So entstand ein Erlebnispfad der Sonderklasse, der allerdings nur schwindelfreien Wanderern vorbehalten bleibt.
Um die Wassermenge zu erhöhen und zu stabilisieren, entstand eine neue Fassung bei der Einmündung des Duibaches. Dies bedingte allerdings die Durchquerung der Felswand von Branlire. Dabei wechseln sich ausgehauene Steinrinnen, an Balken aufgehängte Holzkännel, Aquädukte und sogar Tunnels ab.
Seit 2008 besteht die wieder erstellte Strecke des ehemals aufgegebenen Abschnittes wieder, allerdings so, dass die damals äusserst aufwändigen und ebenso gefährlichen Instandstellungsarbeiten auf ein vernünftiges Minimum reduziert wurden. An etlichen Stellen sind die noch vorhandenen originalen Holzreste der alten Bisse zu sehen. Sie vermitteln einen Eindruck von der grossartigen Leistung der Erbauer und den Leuten, welche das Werk unterhielten.
Im Frühjahr des Jahres 1934 erschien in der Gazette de Lausanne ein ausführlicher Artikel über diese spektakuläre Wasserleitung. Louis Seylaz recherchierte zusammen mit seinem Freund und Fotografen Charles de Paris vor Ort und verfasste unter dem Titel Adieu au Bisse de Savièse den Aufsatz, welcher mit den Worten schliesst:
„Im Herbst wird die jahrhundertealte Suone für immer aufgegeben. Eine Zeitlang wird die Leitung noch in der Felswand des Prabé hängen, bis die unerbittliche Zeit diesen Zeugen der unvergleichlichen Kühnheit und der unüberwindbaren Hartnäckigkeit einer Berggemeinde für immer beseitigt“.
Die historischen Fotografien befinden sich heute in der Sammlung der audiovisuellen Medien der Mediathek Wallis in Martigny.