Von Oberwald nach Gletsch
Marschzeit 2h
Strecke 5.9 km auf 483 m ab 96 m
Karte/n 1:50'000 T227
Anforderung:
Lange Zeit gab es, um vom Wallis ins Reusstal zu gelangen nur die Strasse und die Furkabahn Diese konnte allerdings im Winter wegen vieler Lawinenabgänge nicht betrieben werden, ja die elektrische Fahrleitung wurde jeweils vollständig demontiert, um im Frühjahr wieder neu zu entstehen. Die Steffenbachbrücke hatte man so konstruiert, dass sie zusammengeklappt keiner Lawine den Weg versperrte. Heute brausen die Züge durch den 15km langen Basisitunnel von Oberwald nach Realp.
Diese Wanderung begleitet die wieder hergerichtete Bahnlinie der Bergstrecke auf ihrem wohl abwechslungsreichsten Abschnitt. Bevor der Zug der Matterhorn-Gotthard-Bahn im dunklen Loch bei Oberwald verschwindet, steige ich aus und mache mich zu Fuss auf den Weg.
Die ersten Meter folge ich der streng begradigten Rotten (Rhône) und überquere den Wasserlauf bei der Strassenbrücke. Erst jetzt beginnt der Weg auf unbefestigtem Grund und folgt weiter dem Bach Richtung Baracken-Siedlung im Sand. Vor dieser schwenke ich jedoch nach links und erreiche die Häuser von St. Niklaus. Die Kapelle sollte den Säumern die Gelegenheit bieten, um den Schutz des Herrn für ihren schwierigen Weg zu erbitten. Mir kann’s auch nicht schaden, oder wenigstens zu danken, dass ich heil bis hierher gekommen bin.
Bald lasse ich die Bäume hinter und unter mir. Die lärmige Strasse hat bereits die ersten Spitzkehren geschafft und ich wechsle auf die andere Talseite. Recht stotzig steigt der Weg quer zum Tal, schwenkt dann aber fast unvermittelt wieder in die richtige Richtung. Der nächste Kilometer ist unverlaufbar, eine Abzweigung gibt es nicht, bis ich wieder auf die Bahntrasse und die Strasse treffe. Also habe ich genügend Zeit, mir Gedanken zu machen über den fast unbeugsamen Pioniergeist unserer Vorfahren, in diesem Gelände mit den damaligen technischen Möglichkeiten eine Bahnlinie zu bauen. Sämtliche Baumaterialien mussten auf einer schmalen Kiesstrasse mit Maultieren herauf geschleppt werden.
Die Geleise verschwinden hier im Berg, um in einem engen Spiraltunnel die nötigen Höhenmeter bis Gletsch zu schaffen. Tunnels mit einer Dampfbahn zu befahren, zählt wohl zu den eindrücklichsten Erlebnissen, weil wirklich fast alle Sinne daran beteiligt sind. Die Ohren sausen vom Luftdruck und vom Lärm, die Augen brennen vom Russ und Dampf und die Nase bekommt auch ihren Teil ab.
Hier bieten sich viele Möglichkeiten, den Tag weiter zu gestalten: Zu Fuss bis zur nächsten Haltestelle Muttbach-Belvédère, Mit der Dampfbahn zurück nach Oberwald oder hinüber nach Realp oder mit dem Postauto über die Grimsel oder über die Furka. Wählen Sie selber.
Bis ins Jahr 1981 war diese Bahnlinie Teil der Furka-Oberalp-Bahn, welche das Bündnerische Disentis mit dem Walliser Ort Brig verband. Unterwegs galt es den Oberalppass mit etwa 2000 müM und gleich auch noch die Furka mit über 2400 müM zu überwinden. Allerdings wird die Scheitelhöhe der Furka von der Bahn in einem 1800 Meter langen Scheiteltunnel unterfahren.
1911 wurde mit dem Bau der Zahnradstrecke über den Furkapass begonnen, aber die Arbeiten mussten wegen des Ersten Weltkrieges und der Wirtschaftskrise 1915 eingestellt werden. Erst 1924 nahm die neu gegründete Bahngesellschaft FO die Bauarbeiten wieder auf. Die beiden anschliessenden Gesellschaften, einerseits die Rhätische Bahn, anderseits die Brig-Visp-Zermatt-Bahn halfen finanziell und technisch kräftig mit, denn die Verbindung versprach einen touristischen Aufschwung. Nach nur einem guten Jahr konnte die Bahnlinie ihre Eröffnung feiern.
Weil während des Zweiten Weltkrieges der Bahn auch eine gewisse stategische Bedeutung zukam, wurde sie 1942 mittels einer Oberleitung elektrifiziert. Damit konnten die zahlreichen Befestigungs-Anlagen im ganzen Gotthard-Gebiet besser versorgt werden.
Die schwierige Lawinensituation vor allem in schneereichen Wintern zwang die Bahngesellschaft, jeweils im Herbst die Fahrleitung abzubauen und sogar die Steffenbachbrücke zusammen zu klappen. Allerdings wurde diese gerade deswegen berühmt. Sämtliche Tunnelportale wurden mit mächtigen Toren verschlossen nachdem das Fahrleitungsmaterial darin versorgt war. Dieser jährlich wiederholte Auf- und wieder Abbau, sowie die kurze sommerliche Betriebszeit von nur gerade fünf Monaten, strapazierten die Kasse der Bahn ausserordentlich. Also lag der Bau eines Basistunnels als wintersichere Verbindung nahe.
Mit dem Beginn der Bauarbeiten im Jahre 1973 rückte das Ende der Bergstrecke immer näher. Im Frühjahr 1982 wurde der Fahrbetrieb nicht mehr aufgenommen und mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Rückbau der gesamten Anlage begonnen. Einem in aller Eile gegründeten Verein von Eisenbahnfreunden gelang sozusagen in letzter Minute die Verhinderung dieses Vorhabens.
Unzählige Freiwillige halfen in den folgenden Jahren, die Trasse aufwändig zu sanieren, das zusammen gebettelte Wagenmaterial zu restaurieren und die alten Dampflokomotiven wieder zum Laufen zu bringen. Die noch vorhandene Fahrleitung war jetzt überflüssig und wurde abgebaut. Seit 2011 ist nun die Bergstrecke auf ihrer ganzen Länge von Oberwald bis Realp wieder durchgehend befahrbar und erfreuen sich einer grossen Beliebtheit.