Von Bendolla nach Crêt du Midi
Marschzeit 2h30min
Strecke 5.1 km auf 525 m ab 333 m
Karte/n 1:50'000 273T
Anforderung:
Von Grimentz fahre ich mit der Seilbahn TGB hinauf nach Bendolla. Von hier könnte ich in allen Himmelsrichtung weiter bergwärts fahren, das habe ich jedoch nicht vor. Ich kehre nach der langen Reise zuerst einmal im Bergrestaurant ein, um mir einen stärkenden Kaffee zu genehmigen. Dabei geniesse ich den Blick in die Landschaft. Im Osten thronen einige Gipfel, von denen ich im Geografie-Unterricht nichts gehört habe: Von den Becs de Bosson bis zum Roc d’Orzival und im Westen die Reihe mit dem Bec de Nava - die haben’s mit den Vögeln!
Schliesslich mach ich mich auf, zuerst hinüber zum Torrent de Marais - Was hat dieser Bach mit dem Gegenspieler von Robbespierre während der Franz. Revolution zu tun? - dann in weitem Bogen um eine ein-.drückliche Felswand herum zur Alp Chiesso Blanc.
Leicht ansteigend und die Sonne im Rücken folge ich ungefähr der Baumgrenze weiter bis zu den Hütten von Orzival. Beim Übergang über den Torrent de Pinsec schwenke ich nach links und erklimme den Hang Richtung Sex de la Brinta. Fast unvermittelt, aber noch bevor ich die die Felsen gerate, zweigt meine Route ab und durchquert eine kleines Sumpfgebiet mit wunderschöner Flora und ein paar verstreuten Heuschobern.
Fast ebenaus zieht sich der Pfad wie ein weisser Faden durch die Weideflächen. Die Felsen der Brinta vermögen mich nicht zu ängstigen, aber einige herunter gekullerte Brocken liegen schon am Weg.
Ein paar Skilifte ohne Bügel sind Zeichen des Wintertourismus an der Crêt du Midi, und bald taucht am Horizont auch der ausladende Gebäudekomplex mit Seilbahnstation und Restaurant auf. Bevor ich die Gondel besteige, lasse ich mich in diesem nieder, um den Hunger und den Durst zu stillen.
Der Ort ist zwar eine eigene Burgergemeinde, gehört jedoch zur politischen Gemeinde Anniviers. Das Tal wird auf der Höhe von Grimentz, das auf einer sonnenverwöhnten Terrasse liegt durch den markanten Rücken mit dem Corne de Sorebois in zwei Äste geteilt. Einerseits das Val de Zinal mit der Nevisence und anderseits das Val de Moiry mit der Gougra und dem bekannten Stausee.
Für den Bau dessen Staumauer wurde in der Mitte des letzten Jahrhunderts die Strasse auf der Westseite des Tales nach Grimentz und darüber hinaus bis zu den beiden Seen gebaut. Erst diese schloss das Dorf an das öffentliche Verkehrsnetz der Schweiz. Die regelmässigen Postautokurse ermöglichten schliesslich auch eine touristische Entwicklung des äusserst schmucken, weil weitgehend authentischen, Dorfes. Die Häuser in Grimentz sind fast durchwegs aus Holz gebaut und die Vorratsspeicher stehen auf flachen Steinplatten, damit Mäuse nicht hinein klettern können.
In einer Waldlichtung südwestlich des Dorfes findet der aufmerksame Wanderer zahlreiche megalithische Schalensteine. Das sind Felsbrocken mit muldenförmigen Vertiefungen, deren Entstehung und Bedeutung bisher nicht bekannt sind. Sie könnten einen natürlichen Ursprung haben, aber ebenso gut von Menschen ausgeschliffen worden sein.
In Dokumenten aus dem 11. Jhd wird der Ort Grimiens oder deutsch Grimensi genannt. Die Herkunft dieses Namens kann nicht schlüssig erklärt werden. Die Siedlung stand unter der kirchlichen Herrschaft des Bischofs von Sitten und der weltlichen Gewalt der Grafen von Granges. Als erstes Dorf im Tal konstituierten sich die Bewohner als selbständige Gemeinde.
Im Jahre 1798 fiel Napoleon mit seiner Armee im Wallis ein und organisierte die politische Gliederung des Tales neu. Die Gemeinden Grimentz und Vissoie wurden zwangsweise vereint, was zu einem 100 Jahre dauernden Streit führte. Erst in einem zweiten Prozess zwischen 1897 und 1914 erlangte Vissoie wieder die Unabhängigkeit.
Nachdem die Einwohnerzahlen von Grimentz bis in die 50er-Jahre schrumpften, stiegen sie seit 1980 wieder kontinuierlich an und betrugen im Jahre 2007 knappe 500 Personen. Dies nicht zuletzt wegen zahlreicher Arbeitsplätze durch den Stausee.