Von Eison nach Grimentz
Marschzeit 5h
Strecke 10.5 km auf 1262 m ab 539 m
Karte/n 1:50'000 273T
Anforderung:
Im Wallis gibt es eine Menge alpiner Routen, die nur in Seilschaften und mit Steigeisen zu bewältigen sind. Daneben gibt es auch unzählige Wanderungen im wahrsten Sinne des Wortes, auf denen man ohne diese Hilfsmittel auskommt und sich dennoch in einer fantastischen Kulisse bewegt. Der Pas de Lona, vom Val d‘Hérens hinüber ins Val d‘Anniviers ist so eine Tour.
Sie startet in Eison-La Combe, so heisst der nördliche Ortsteil hoch über dem Talboden, und steigt gleich zünftig hangaufwärts zum Wald. Der Weg beschreibt einen weiten Bogen und führt mich zu den Häusern von Tsalet d‘Eison. Der Boden hier oben ist meist sehr trocken, deshalb begegne ich immer wieder Wasserläufen, die von einem Bach zum andern führen. Diese sind künstlich angelegte Suonen und dienen der Bewässerung von Feldern und Weiden.
In der nächsten Siedlung L‘A Vieille begegne ich einer Kapelle, und dies auf fast 2400 müM. Vielleicht würde dem einen oder anderen Wolf ein Gebet an dieser Stelle auch das Leben retten? Bei der einsamen Hütte Plan Levri kann ich den Übergang südlich der Becs de Bosson bereits ausmachen, auch wenn ich den Pass richtiggehend erobern muss.
Von der Krete habe ich einen atemberaubenden Ausblick in die ausgedehnte Mulde Lona mit unzähligen kleinen Seen, die von hier oben kleinen Pfützen ähneln. Einige, darunter auch der Lac de Lona, haben nach längerer Trockenzeit gar kein Wasser mehr. Durch diese Halde gelange ich zur Geländekante südlich der Pointe de Lona und schwenke um die östliche Krete herum nach Norden.
In der Bendolla breitet sich das Wintersportgebiet von Grimentz aus. Zahlreiche Bahnanlagen führen vom Dorf herauf, für mich, der ich ja auf stotzigem Zickzack-Weg von oben komme, führen sie hinab.
Im geräumigen Restaurant neben der Seilbahnstation werde ich schon erwartet, bevor ich die letzte Etappe „in Angriff nehme“. Die Postautofahrt bis nach Chippis und Sierre geniesst sich besser ohne Durst und Hunger!
Die Corne de Sorebois zusammen mit der Garde de Bordon teilen das Val d‘Anniviers in zwei Äste, das Val de Moiry und das Val de Zinal. Fast exakt im Scheitelpunkt liegt auf einer Sonnenterrasse das Dorf Grimentz, an dem für die französische Sprache höchstens das -tz stört.
Der Ort besteht aus einem äusserst gut erhaltenen Kern mit typischen Holzhäusern. Die ehemaligen Kornspeicher stehen auf Stelzen mit je einer flachen Steinplatte, die von den Mäusen nicht überwunden werden konnte.
Das Dorf namens Grimiens wurde bereits im 11. Jahrhundert erwähnt. Es stand damals unter der kirchlichen Verwaltung des Bischofs von Sitten. Die weltlichen Herrscher wechselten in relativ rascher Folge, einmal waren es die Grafen von Granges, dann die Familie d‘Anniviers und anschliessend die Herren von Raron. Schon im 14. Jahrhundert fusionierte Grimentz mit dem Nachbardorf St-Jean zu einem Viertel, also einer Art Bezirk.
Napoleon liess nach seinem Einmarsch im Wallis alle Gemeinden neu gliedern. Dabei wurde Grimentz mit Vissoie zusammengelegt, aber diese Zwangsheirat funktionierte nicht. Der Streit dauerte um die 100 Jahre. Erst ein zweiter Prozess gab Vissoie die Selbständigkeit zurück und 1830 erhielt Grimentz auch eine eigene Kirche.
Wirtschaftlich standen diese Dörfer lediglich auf einem Bein. der Landwirtschaft. Diese beschränkte sich wegen der Topografie auf Viehzucht und Milchwirtschaft. Dabei spielten die Eringerkühe eine tragende Rolle. Sie erhielten ihren Namen, weil sie aus dem Val d‘Hérens stammen. Ihre Rangkämpfe gelten heute als wichtige, touristische Attraktion. Zudem lohnt es sich, eigens für die Wettkämpfe Tiere dieser Rasse zu halten.
Im Jahre 1957 startete oberhalb des Dorfes der Bau einer Stausees. Die 77 Mio Kubikmeter Wasser des Lac de Moiry werden durch eine 150m hohe Bogenstaumauer zurück gehalten. Durch einen etwa 4.3km langen Stollen fliesst das Wasser zum Kraftwerk im Val de Zinal, wo es der Gewinnung von elektrischer Energie genutzt wird.
In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts begann in Grimentz die Aufrüstung für den Winter-Tourismus. Neben der Seilbahn auf die Alp Bendolla entstanden auch einige Schlepplifte. Dadurch wurde ein regelrechter Boom im Bau von Ferienhäusern und -wohnungen ausgelöst. Um das Jahr 2000 beschäftigte der Dienstleistungssektor etwa zwei Drittel aller erwerbstätigen Einwohner.