Von Flüelen nach Bauen
Marschzeit 2h30min
Strecke 10.1 km auf 110 m ab 109 m
Karte/n 1:50'000 245T / 246T
Anforderung:
Die hier vorgestellte Tour ist Teil des „Weges der Schweiz“, der nationalen Wanderroute 99, welcher aus Anlass der 700-Jahr-Feier der Schweiz im Jahre 1991 angelegt wurde. Jedem Kanton ist ein Abschnitt zugeteilt, der durch einen betreffenden Grenzstein gekennzeichnet ist.
Für die Route um den südlichen Urnersee starte ich in Flüelen, wo der letzte Abschnitt der A4 aus dem Felsen tritt. Knappe 500 Meter südlich des Bahnhofs schwenke ich nach rechts hinaus auf die grosse Schwemmfläche der Reuss und gelange bald an das Seeufer.
Jenseits des Flusses lugen einige Inseln aus dem Wasser. Sie bestehen aus Abraumgestein vom Bau des Gotthardbasistunnels. Für die Beobachtung der Tierwelt im Schutzgebiet dient ein Aussichtsturm. Durch das grosse Moor Schwäb (von schweben?) erreiche ich das Strandbad und folge anschliessend der Uferstrasse. Auf dieser herrscht dank der Autobahn nur noch wenig Verkehr.
Welch ein Gegensatz bildet die Uferlandschaft hier zu der auf dem Reussdelta! Über mir streben schroffe Felswände in die Höhe und auch im Wasser fällt das Ufer steil ab, und vorher war’s topfeben und sumpfig.
Kurz nach dem Weiler Bolzbach auf einem Schwemmkegel zieht sich die A2 in den Berg zurück und kürzt die ganze Landzunge des Seelisberges ab. Sie taucht erst kurz vor Beckenried wieder auf. Das war während Jahren der längste doppelröhrige Autotunnel der Welt.
Inzwischen habe ich die Strasse verlassen und wandere auf einem separaten Pfad daneben. Viel Platz ist nicht am steilen Ufer, und an einigen Stellen scheint Felssturzgefahr zu bestehen. Sowohl Strasse als auch Wanderweg verkriechen sich dort in Galerien oder Tunnels.
Nach der Mündung des Isentalerbachs weicht der Wanderweg entlang dem Harderband auf die Strasse aus. Offenbar ist die Freiluftvariante zu unsicher oder abgestürzt? Erst nach einem guten halben Kilometer ist dieses Abenteuer vorbei und ich erreiche bald die ersten Häuser von Bauen. Für die Rückkehr auf die andere Seeseite oder nach Luzern gibt’s nur das Schiff.
Darf ich davon ausgehen, dass Sie die Geschichte des Wilhelm Tell kennen? Und darf ich weiter davon ausgehen, dass Sie wissen, dass diese Geschichte sich so und zu dieser Zeit wohl nicht abgespielt hat?
Die ältesten Quellen, welche die Erzählung belegen, stammen aus der Zeit um 1470. Im Anschluss daran dürfte sie sich schnell verbreitet haben und im beginnenden 16. Jahrhundert volkstümlich geworden sein.
Ein Mann mit diesem Namen taucht im Weissen Buch von Sarnen auf und wird dort Thäll oder auch Tall genannt. Dieses Buch ist ein Kopialbuch, also ein Buch der Kanzlei, das Kopien und Abschriften wichtiger Beschlüsse und Erlasse für den amtlichen Gebrauch enthielt. Der Name bezieht sich auf die Farbe des Einbandes. Weiss bedeutete Verträge und Bündnisse, wie der Bundesbrief oder der Sempacherbrief.
Niedergeschrieben wurde der Name später auch im Lied vom Ursprung der Eidgenossenschaft. Es handelt von den Burgunderkriegen und wurde vorher hauptsächlich mündlich weiter gegeben. Sein Sohn, in den Unterlagen lediglich als Kind bezeichnet blieb von unbestimmtem Geschlecht, im Lied dagegen ist ausdrücklich von einem Sohn die Rede.
Tells Geschichte findet sich wieder in den Luzerner Chroniken, verfasst von Melchior Russ und Petermann Etterlin. Diese erschienen erstmals 1507 in gedruckter Form und wenige Jahre später fand es sich in der Schweizerchronik des Zürchers Heinrich Brennwald. Auch hier wurde Tell als der „erste Eidgenoss“ bezeichnet.
Das Motiv des Apfelschusses tritt ursprünglich in den Gesta Denorum, der Geschichte der Dänen auf. Verfasst wurde diese Schrift etwa 1200 - 1216. Der eher prahlerische Schütze heisst hier Toko und ist Mitglied im Gefolge des Königs Harald Blauzahn. Die Episode kann durchaus als Vorbild für die später erschienene Tell-Sage gelten. In einer später erschienen Erzählung von einem Punker von Rhrbach geht es nicht um einen Apfel, sondern um eine Münze, die getroffen werden soll.
Der alemannische Rufname Tello (stolz, prunkend) ist in verschiedenen Ortsnamen bezeugt: Delligen, Dällikon, Thalwil oder Delsberg. Deshalb kann vermutet werden, dass der Täll im Weissen Buch als Spitzname verwendet wurde für einen einfältigen Tor.